Der für Ende dieses Jahres erwartete Expertenbericht über Antisemitismus in Deutschland ist in Berlin vom Bundeskabinett ohne Debatte zur Kenntnis genommen worden. Er geht nun an den Bundestag, der ihn in Auftrag gegeben hat, und soll dann veröffentlicht werden.
In dem rund 300 Seiten umfassenden Bericht kritisieren die Experten Medienberichten zufolge unter anderem, dass die Bundesprogramme zur Bekämpfung des Antisemitismus zu stark auf muslimische Judenfeindschaft ausgerichtet seien. Der Judenhass deutscher Rechtsextremisten sei das größere Problem, heißt es.
In dem Bericht, der eigentlich am 9. November veröffentlicht werden sollte, schreiben die Autoren nach Informationen des Nachrichtensenders N-TV weiter, dass Antisemitismus in Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges weitgehend tabuisiert worden sei. Aber inzwischen müsse man davon ausgehen, dass es wieder »bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltäglich judenfeindliche Tiraden und Praktiken« gebe.
Defizite Die Forscher machen auch auf Defizite im Schulunterricht aufmerksam. So wird nach ihrer Ansicht zwar der Holocaust ausführlich behandelt, die Jugendlichen würden aber zu wenig über aktuelle Erscheinungsformen des Antisemitismus aufgeklärt.
Der Extremismus-Experte der FDP-Fraktion, Stefan Ruppert, erklärte, es sei wichtig, gegen alle Formen des Antisemitismus vorzugehen. Es sei besorgniserregend, wenn antisemitische Ressentiments bei 20 Prozent der Bevölkerung Zustimmung fänden.
Das »Expertengremium Antisemitismus« arbeitet seit Herbst 2009. Es war im November 2008 zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht vom Bundestag beschlossen worden. (epd/ja)