Rabbiner Menachem Mendel Gurewitz ist in Offenbach von Jugendlichen angegriffen worden. Sechs bis acht südländisch aussehende Jugendliche hätten den 39-Jährigen am Sonntagabend angegangen.
Der Rabbiner hat Anzeige erstattet, bestätigte Pressesprecher Rudi Neu vom Polizeipräsidium Südosthessen unserer Zeitung. Es liege der Verdacht der antisemitischen Beleidigung, Körperverletzung und Nötigung vor. Der polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen.
Neu sagte, der Rabbiner habe nach ersten Rufen der Jugendlichen diese mit seinem Handy fotografiert. Anschließend sei er aufgefordert worden, die Bilder zu löschen. Der Anzeige des Rabbiners zufolge habe es dabei ein »Geschubse« gegeben. Zudem soll er als »Scheiß-Jude« beschimpft worden sein, sagte der Polizeisprecher. Der Vorfall habe sich bei einer Einkaufspassage ereignet. Nun würden vorliegende Videoaufzeichnungen ausgewertet.
Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, bezeichnete den Angriff auf Rabbiner Gurewitz als beschämend und bestürzend. »Dass jemand nur, weil er durch seine Kleidung als Jude erkennbar ist, rüde beschimpft und bedroht wird, ist einfach nicht zu akzeptieren und eine schreckliche Schande für uns alle.« Dass obendrein noch das sogenannte »Sicherheitspersonal« des Einkaufszentrums so eklatant versagt habe, sei ein ganz besonderer Skandal und nicht zu rechtfertigen.
»Niemals dürfen wir es hinnehmen, dass sich Menschen auf deutschen Straßen aufgrund ihrer Religion oder Herkunft unsicher fühlen«, so Graumann weiter. »Der Angriff auf Rabbiner Gurewitz war daher auch ein Angriff auf die gesamte jüdische Gemeinschaft, ja sogar auf uns alle. Wir wünschen uns deshalb nun sehr von der ganzen deutschen Gesellschaft uneingeschränkte Solidarität und ein entschlossenes Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus im Alltag.«
Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen, Moritz Neumann, kritisiert vor allem das Vorgehen der Polizei. Wie Rabbiner Gurewitz berichtete, habe er ihm der per Handy gerufene Polizist geantwortet, es handele sich bei dem Angriff lediglich um eine zivilrechtliche Angelegenheit. »Wenn«, so Neumann, »die Polizei bei einer Attacke gegen einen Rabbiner kein öffentliches Interesse sieht«, sei es um den Schutz jüdischer Menschen schlecht bestellt. »Wir erwarten von der Polizei, dass sei es mit ihren eigenen Bekräftigungen über Schutzmaßnahmen gegenüber jüdischen Gemeinden und ihren Mitgliedern ernst meint. Und, dass sie uns diese Ernsthaftigkeit auch spüren lässt«, betonte Neumann.
Gemeinde Auch der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Offenbach, Mark Dainow, kritisierte die Sicherheitsleute, die sich nicht um die aggressiven Jugendlichen gekümmert hätten. Der Rabbiner habe alleine das Gebäude verlassen müssen und sei von den Angreifern verfolgt worden. Glücklicherweise sei ein Bekannter mit seinem Auto vorbeigefahren und habe den Geistlichen mitgenommen, sagte Dainow. Der Chef des Einkaufszentrums habe inzwischen um Entschuldigung für das Verhalten des Sicherheitspersonals gebeten.
Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland erklärte, man sei in hohem Maße beunruhigt über die antisemitischen Pöbeleien und Diffamierungen: »Nachdem sich wieder einmal gezeigt hat, dass die Täter von antisemitischen Übergriffen Jugendliche sind, sind Gesellschaft und Öffentlichkeit aufgefordert, die entschiedene Ablehnung von Antisemitismus und Rassismus jeglicher Art den Jugendlichen stärker zu vermitteln.«
Die ORD appelliert an Schulen, Kultuseinrichtungen und Politik, das Thema jugendliche Gewalt im Kontext von Antisemitismus und Hass auf Andersdenkende und -gläubige stärker zur Geltung zu bringen. (mit epd)