Auf das Auto von Sachsens früherem Landespolizeipräsidenten Bernd Merbitz hat es einen versuchten Anschlag gegeben. Das sächsische Landeskriminalamt (LKA) bestätigte Medienberichte, nach denen am Fahrzeug des 64-Jährigen manipuliert worden sei. Man ermittle in alle Richtungen, erklärte LKA-Sprecher Tom Bernhardt am Dienstag. Zu Schaden kam durch den versuchten Anschlag niemand.
Ein politisches Motiv sei angesichts des Engagements von Merbitz gegen Extremismus nicht auszuschließen. Daher habe das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) die Ermittlungen übernommen, so der Sprecher.
Die »Bild«-Zeitung hatte zuvor berichtet, Unbekannte hätten mit Holzstückchen versucht, die Bremsen des Privatwagens von Merbitz zu blockieren. Dies sei am 24. Mai entdeckt worden.
ZENTALRAT Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, drückte Merbitz in einer Nachricht seine Anteilnahme aus. »Es ist für mich unerträglich, dass Sie, angesichts Ihres unermüdlichen Engagements gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus sowohl in Ihrer Zeit als Polizeipräsident als auch darüber hinaus, immer noch an Leib und Leben bedroht werden«, schrieb Schuster.
Bereits in der Vergangenheit war es immer wieder zu versuchten Angriffen auf den mittlerweile pensionierten Polizeibeamten gekommen. In Abstimmung mit dem Innenministerium seien nun die Schutzmaßnahmen für Merbitz erhöht worden.
Bereits in der Vergangenheit war es immer wieder zu versuchten Angriffen auf den mittlerweile pensionierten Polizeibeamten gekommen.
Vor der Wiedervereinigung leitete der Polizist die Mordkommission bei der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BdVP) in Leipzig. Von 1991 bis 31. August 1998 war Merbitz Leiter der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz beim Landeskriminalamt Sachsen und Chef der Sonderkommission Rechtsextremismus (Soko Rex). Danach war er Chef der Polizeidirektion im sächsischen Grimma und anschließend Polizeipräsident in Westsachsen. Von 2007 bis 2012 war er Landespolizeipräsident in Sachsen und danach bis zum Eintritt in den Ruhestand 2019 Leipziger Polizeipräsident.
POLITIK Ein Wechsel in die Landespolitik scheiterte aber knapp. Bei der Landtagswahl 2019 trat er für die CDU im Wahlkreis Nordsachsen 3 an, unterlag aber seiner Mitbewerberin von der AfD. Zudem war er lange Jahre Mitglied des sächsischen CDU-Landesvorstands. Im Februar trat Merbitz nach 30 Jahren Mitgliedschaft aus der Partei aus.
Bereits im Jahr 2009 wurde er mit dem Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet. Damit würdigte der Zentralrat der Juden in Deutschland sein besonderes Engagement im Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Benannt ist die Auszeichnung nach dem früheren Zentralratspräsidenten Paul Spiegel.
ENGAGEMENT Merbitz habe mit seinem jahrelangen Engagement Maßstäbe gesetzt, »die unsere Anerkennung und unseren Respekt verdienen«, und sich besonders gegen den Rechtsextremismus in Sachsen eingesetzt, betonte der Zentralrat damals. Dabei habe er »Gefährdungen für sich selbst und seine Familie in Kauf genommen«.
Im Jahr 2009 wurde er mit dem Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet. Damit würdigte der Zentralrat der Juden sein besonderes Engagement im Kampf gegen Antisemitismus.
Zudem habe er in Vorträgen, Diskussionsrunden und Arbeitskreisen mit Jugendlichen und Erwachsenen mit dazu beigetragen, »die gesellschaftlich offensive Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten zu befördern und deren Aktionsräume einzuschränken«.
Merbitz engagierte sich später auch in der Flüchtlingshilfe. Auch in der kontroversen Frage der Aufnahme geflüchteter Menschen bezog er eine eindeutige Position. »Ich werde immer gefragt, was tut denn die Polizei zum Schutz der Bevölkerung gegen Asylbewerber und Flüchtlinge – da ist dann schon mal direkt die Frage völlig falsch gestellt«, sagte Merbitz 2016 dem Portal »Katholisch.de«.
FLÜCHTLINGE Das Problem sei vielmehr die »fremdenfeindliche Stimmung in der Gesellschaft, die wir hier in Leipzig noch mal besonders durch die Legida-Demonstrationen spüren. Wenn wir über Leute reden, die Flüchtlinge sind, aus Kriegsgebieten kommen und um Asyl bei uns bitten – das darf nicht sein, dass wir die dann mit so einem Fremdenhass überziehen und ihnen alles Böse unterstellen.« Bei den Pegida-Demonstration werde nur Hass geschürt, es gehe in Wahrheit gar nicht um Religionen, sagte er.
Vor allem aus dem rechten Spektrum schlägt Merbitz deshalb seit vielen Jahren Ablehnung und offener Hass entgegen. »Das hat mich aber nie davon abgehalten, weiter dagegen anzugehen«, sagte er im vergangenen Jahr der »Torgauer Zeitung«. Seine Familie habe ihn in seinem Kampf immer bestärkt, fügte er hinzu. (mit dpa)