Ein halbes Jahr nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel haben Angehörige der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln Deutschland gebeten, mehr für die Freilassung der Menschen zu tun. Bei einer Protestaktion in Berlin stellten sie am Montag eine überdimensionale Sanduhr zwischen Kanzleramt und Bundestag auf mit der Aufschrift: »Die Zeit läuft davon«.
»Wir sind hier, um die Leute daran zu erinnern, dass wir immer noch darauf warten, dass meine Schwester Carmel aus Gaza nach Hause kommt, denn sie haben keine Zeit mehr«, sagte der Angehörige Alon Gat.
Seine 39 Jahre alte Schwester war am 7. Oktober aus dem Kibbuz Be’eri in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen von Hamas-Terroristen verschleppt worden - ebenso wie Alon Gat selbst, dessen Frau Yarden Roman-Gat und ihre dreijährige Tochter. Alon Gat gelang mit der Tochter während der Geiselnahme die Flucht. Yarden kam nach 54 Tagen in Geiselhaft im Zuge einer Vereinbarung Israels mit der Hamas frei.
Mentale und physische Gesundheit
Die freigelassenen Geiseln hätten erzählt, dass Carmel Gat, eine Verhaltenstherapeutin, sich in der Geiselhaft um die übrigen Gefangenen gekümmert und Yoga-Kurse organisiert habe, erzählte ihr Bruder Alon am Rande der Protestaktion. Doch wo sie jetzt ist und wie es ihr geht, ist nach seinen Worten unbekannt.
»Wir sorgen uns um ihre mentale und physische Gesundheit, vor allem, nachdem wir von den Vergewaltigungen gehört haben, die da vor sich gehen«, sagte der Bruder. »Wir müssen alle überzeugen, dass wir die Menschen aus dieser Hölle herausbekommen müssen.«
Wichtige Unterstützung
Deutschland habe bereits wichtige Unterstützung geleistet und die Angehörigen mit großer Sympathie umarmt. Doch müssten alle mehr tun. Deutschland sei einflussreich, vor allem bei Katar, das wiederum eine wichtige Rolle für die Hamas spiele. »Das wichtigste Ziel ist jetzt, Deutschland zu drängen, Katar zu drängen und die Hamas zu drängen, damit die Hamas einen Kompromiss schließt«, sagte Alon Gat.
Katar, Ägypten und die Türkei hätten Einfluss auf die Hamas, und das seien alles Länder, zu denen Deutschland enge Beziehungen unterhalte, sagte Melody Sucharewicz, die die Aktion der Angehörigen in Deutschland betreut.
»Katar hat Milliarden schwere Investments in deutschen Großunternehmen, die Beziehungen sind sehr eng, es gibt Gasabkommen«, sagte sie. »Und da liegt es natürlich nahe, dass Deutschland genau diese enge, auch auf Interessen basierte Beziehung nutzt, um Druck auszuüben.« dpa