Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung fordert von den Bundesländern, ihre Justizbehörden konsequenter gegen Straftäter mit mutmaßlich antisemitischen Motiven ermitteln zu lassen. »Die uneinheitliche Rechtslage in den Ländern erschwert ein einheitliches Vorgehen im Kampf gegen den Antisemitismus«, sagte Felix Klein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Freitag). Bei antisemitisch motivierten Straftaten dürfe die Strafverfolgung nicht davon abhängen, ob ein Verletzter einen Strafantrag stelle oder in welchem Bundesland der Täter wohne.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mahnt, dass die Umsetzung strafrechtlicher Möglichkeiten entscheidend ist.
Klein bezieht sich den Angaben zufolge auf eine dem RND vorliegende Analyse des Richterbunds, wonach lediglich in 9 von 16 Bundesländern inzwischen Regelungen gelten, wonach Verfahren wegen antisemitischer Straftaten selbst im Fall geringer Schuld in der Regel nicht eingestellt werden sollen; zwei prüfen dies noch, fünf Länder verzichten darauf.
»Hier muss der Staat deutliche Flagge zeigen und den Feinden der Freiheit deutlich machen, dass wir als offene Gesellschaft keinerlei Toleranz gegen Judenhass gelten lassen«, forderte Klein. Diese Taten sollten ohne »wenn und aber« verfolgt werden. »Die Bundesländer, die bisher keine konkreten Anweisungen an die Staatsanwaltschaften zum Umgang mit antisemitisch motivierten Straftaten formuliert haben, möchte ich ausdrücklich dazu anregen, dies so bald wie möglich auf den Weg zu bringen.«
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, mahnte, dass die Umsetzung strafrechtlicher Möglichkeiten entscheidend sei. »Wichtig ist die Umsetzung der strafrechtlichen Möglichkeiten. Sie sind nur so wirksam, wie sie von den Exekutivorganen und Justizbehörden angewandt werden«, so Schuster. »Hier ist allerdings noch Luft nach oben. Daher brauchen wir solche Anweisungen bundesweit und ebenso gezielte Fortbildungen zum Thema Antisemitismus für die Mitarbeiter der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden.«
Die Analyse des Richterbunds hat laut Bericht ergeben, dass spezielle Verfügungen der Ministerien im Kampf gegen Hasskriminalität und bei antisemitischen Motivlagen sowie entsprechende Leitlinien der Generalstaatsanwaltschaften in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen existieren. In Hessen bereite die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt derzeit Leitlinien vor, während Brandenburg das prüfe.
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig-Holstein und Hamburg verzichten demnach hingegen auf vergleichbare Vorgaben. Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, sagte dem RND: »Die Justiz hat die höchst beunruhigende Entwicklung der Hasskriminalität im Allgemeinen und der antisemitisch motivierten Straftaten im Besonderen sehr genau im Blick.« kna/ja