Einspruch

An der Realität vorbei geurteilt

Sarah Cohen-Fantl hält es für fatal, die Parole »From the river to the sea« auf Demonstrationen zuzulassen

von Sarah Cohen-Fantl  04.07.2024 10:27 Uhr

Sarah Cohen-Fantl Foto: privat

Sarah Cohen-Fantl hält es für fatal, die Parole »From the river to the sea« auf Demonstrationen zuzulassen

von Sarah Cohen-Fantl  04.07.2024 10:27 Uhr

Wenn man Demonstranten fragt, welcher »river« und welche »sea« gemeint ist, zwischen denen »Palestine« »free« sein soll, gibt es meistens nur große Augen und keine Antwort. Unwissenheit sollte allerdings nicht vor Konsequenzen schützen. Denn natürlich ist mit dem berühmten Schlachtruf das Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer gemeint. Was liegt dazwischen? Israel.

Auch wenn es Menschen gibt, die behaupten, dass es ihnen mit diesem Spruch nicht darum gehe, den jüdischen Staat auszulöschen, sondern lediglich darum, einen freien palästinensischen Staat daneben zu errichten, ist das Augenwischerei. Jetzt hat in der Debatte, ob und wie antisemitisch dieser Ausruf sei, der seit dem 7. Oktober 2023 auf quasi jeder Anti-Israel-Demo, jedem Uni-Protestcamp gebrüllt wird – häufig begleitet von Hamas-Symbolen, Hitlergruß, Morddrohungen und gewaltsamen Ausschreitungen –, ein weiteres deutsches Gericht entschieden, dass dies »nicht in allen Fällen« strafbar sei, sondern einen Hamas-Zusammenhang bräuchte.

Wer das ruft, zitiert unweigerlich die Hamas.

Die Argumentation ist befremdlich, denn dieser Spruch wird von der Terrororganisation Hamas selbst in deren Charta benutzt, mit dem Ziel, Israel komplett auszulöschen. Zum 25. Jahrestag der Hamas-Gründung sagte ihr früherer Anführer Khaled Mashal: »Palästina gehört uns, vom Fluss bis zum Meer.«

Heißt: Wer das ruft, zitiert unweigerlich die Hamas. Wenn ein deutsches Gericht dieser Terrorgruppe und den Demons­tranten ernsthaft begegnen will, die genau diese Terroristen auf ihren weltweiten Aktionen, im Netz und in ihren Auslöschungsfantasien bejubeln, sollte die Justiz nicht nur Paragrafen zu Hilfe nehmen, die offensichtlich ein Update brauchen, sondern sich den tatsächlichen Judenhass im Zusammenhang mit dem Spruch anschauen. Alles andere ist der Versuch, sich vor dem Hass wegzuducken. Nur wird sich dieser in Zukunft noch selbstbewusster entladen.

Die Autorin ist Journalistin und lebt in Israel.

Meinung

Links und jüdisch sein - das ist nach dem 7. Oktober eine prekäre Existenz geworden

Seit dem 7. Oktober fühlt es sich für viele linke Juden so an, als stünden sie auf einer Eisscholle, die stark schwankt und zusehends schmilzt

von Bettina Spoerri-Rózsa  06.07.2024

Hintergrund

Eklat um Wolfsgruß bei EM: Was bedeutet die Geste?

Fragen und Antworten

von Anne Pollmann, Serhat Koçak  06.07.2024 Aktualisiert

Berlin

UEFA bestraft Demiral: Zwei-Spiele-Sperre nach Wolfsgruß

Der türkische Nationalspieler fehlt damit seiner Mannschaft im EM-Viertelfinale gegen die Niederlande

 05.07.2024

Frankreich

Terrorfestnahmen kurz vor Olympischen Spielen

Innenminister Gérald Darmanin: »Die terroristische Bedrohung bleibt extrem hoch.«

 05.07.2024

Frankreich

Großmutter einer israelischen Abgeordneten angegriffen und beleidigt

Das 88-jährige Opfer wurde laut ihrer Aussage im Ort Val-d’Oise geschlagen und als »dreckige Jüdin« beleidigt

 05.07.2024

Berlin

»Wie lange kann es eigentlich dauern?«

Kein Bundestagsbeschluss zum Schutz jüdischen Lebens vor der Sommerpause: Kritik von Zentralratspräsident Schuster

 05.07.2024

Freie Universität Berlin

Jüdische Verbände üben massive Kritik an Emilia Roig

Die Politologin verharmlose, leugne und verbreite Judenhass, schreibt die Organisation jüdischer Studierender

 05.07.2024

Großbritannien

Wahlgewinner Starmer will gegen Judenhass vorgehen

Unter Corbyn hatten nur etwa 11 Prozent der britischen Juden Labour gewählt. Nun waren es 30 bis 50 Prozent

 05.07.2024

Berlin/Frankfurt am Main

Militärbundesrabbiner besorgt über Spaltung in der Gesellschaft

»Ich beobachte eine Radikalisierung und Dämonisierung von mehreren Seiten«, sagt Zsolt Balla

 05.07.2024