Wenn man Demonstranten fragt, welcher »river« und welche »sea« gemeint ist, zwischen denen »Palestine« »free« sein soll, gibt es meistens nur große Augen und keine Antwort. Unwissenheit sollte allerdings nicht vor Konsequenzen schützen. Denn natürlich ist mit dem berühmten Schlachtruf das Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer gemeint. Was liegt dazwischen? Israel.
Auch wenn es Menschen gibt, die behaupten, dass es ihnen mit diesem Spruch nicht darum gehe, den jüdischen Staat auszulöschen, sondern lediglich darum, einen freien palästinensischen Staat daneben zu errichten, ist das Augenwischerei. Jetzt hat in der Debatte, ob und wie antisemitisch dieser Ausruf sei, der seit dem 7. Oktober 2023 auf quasi jeder Anti-Israel-Demo, jedem Uni-Protestcamp gebrüllt wird – häufig begleitet von Hamas-Symbolen, Hitlergruß, Morddrohungen und gewaltsamen Ausschreitungen –, ein weiteres deutsches Gericht entschieden, dass dies »nicht in allen Fällen« strafbar sei, sondern einen Hamas-Zusammenhang bräuchte.
Wer das ruft, zitiert unweigerlich die Hamas.
Die Argumentation ist befremdlich, denn dieser Spruch wird von der Terrororganisation Hamas selbst in deren Charta benutzt, mit dem Ziel, Israel komplett auszulöschen. Zum 25. Jahrestag der Hamas-Gründung sagte ihr früherer Anführer Khaled Mashal: »Palästina gehört uns, vom Fluss bis zum Meer.«
Heißt: Wer das ruft, zitiert unweigerlich die Hamas. Wenn ein deutsches Gericht dieser Terrorgruppe und den Demonstranten ernsthaft begegnen will, die genau diese Terroristen auf ihren weltweiten Aktionen, im Netz und in ihren Auslöschungsfantasien bejubeln, sollte die Justiz nicht nur Paragrafen zu Hilfe nehmen, die offensichtlich ein Update brauchen, sondern sich den tatsächlichen Judenhass im Zusammenhang mit dem Spruch anschauen. Alles andere ist der Versuch, sich vor dem Hass wegzuducken. Nur wird sich dieser in Zukunft noch selbstbewusster entladen.
Die Autorin ist Journalistin und lebt in Israel.