Generalleutnant Gerhartz, Sie waren zur Verabschiedung des israelischen Luftwaffenchefs Amikam Norkin in Tel Aviv. Neben Staatspräsident Herzog haben Sie aus diesem Anlass am Montagabend die offizielle Rede gehalten. Was sagt das über die Beziehungen aus?
Zunächst einmal ist das eine große Ehre für mich gewesen. Dann ist es ein außergewöhnliches Zeichen der Freundschaft und Verbundenheit zwischen der israelischen und deutschen Luftwaffe. General Norkin und ich haben uns vom ersten Treffen an, als ich hier meinen ersten Auslandsbesuch 2018 machte, verstanden. Wir beide haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir die Menschen zusammenbringen wollen. Dass sich junge Soldatinnen und Soldaten kennenlernen, sich austauschen und diesen Gedanken der Freundschaft weitertragen. Und dafür ist die Ehre, die Abschiedsrede neben Präsident Herzog halten zu dürfen, ein sichtbares Zeichen.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Israels Premier Naftali Bennett haben Anfang März einen neuen strategischen Dialog vereinbart. Ist die Luftwaffe nicht schon einen Schritt weiter?
Das sehe ich nicht so. Wir setzen das um, was auf der politischen Ebene vereinbart wird.
Bei Ihrem Besuch informieren Sie sich auch über die geplante Beschaffung von F-35-Kampfflugzeugen und anderer Waffensysteme. Was konkret haben Sie auf dem Einkaufszettel?
Eine Einkaufsliste gibt es nicht. Ich habe aber meine Experten hierher nach Israel mitgebracht, damit wir an den Erfahrungen der israelischen Luftwaffe partizipieren können. Die Einführung der F-35 in unsere Luftwaffe ist eine äußerst komplexe Aufgabe. Es geht um Logistik, Infrastruktur, aber auch darum: Wie integriere ich ein solches Waffensystem der sogenannten 5. Generation in unsere Strukturen und das möglichst schnell? In drei Jahren wollen wir mit der Ausbildung beginnen. Daneben habe ich mir mit meinen Experten auch ein Raketenabwehrsystem angesehen. Hier hat Israel mit der Arrow 3 ein hervorragendes, funktionierendes System, das wir relativ schnell haben könnten und das schon in drei bis vier Jahren einsatzbereit in Deutschland sein könnte.
Wie realistisch ist der Einsatz von israelischen Luftabwehrsystemen in Deutschland?
Wie gesagt, die in Israel genutzten Arrow-3-Systeme bieten genau das, was wir derzeit nicht leisten können. Nämlich den Schutz vor sehr hoch fliegenden und von großer Entfernung aus verschossenen Raketen. Wir könnten mit den Radargeräten, die wir in Deutschland aufstellen, ein Lagebild für viele Länder in Europa erstellen und das mit unseren NATO-Partnern jederzeit teilen.
Sie waren im Oktober mit sechs deutschen Kampfjets und mehr als 150 Soldaten der Bundesluftwaffe an einem internationalen Manöver in Israel beteiligt. Wie betrachten Sie diese Übung rückwirkend mit Blick auf die aktuelle Kriegssituation in Europa?
Solche Übungen bringen immer etwas für die eigene Einsatzbereitschaft. Man lernt immer dazu. Bei »Blue Flag«, so der Name der Übung, an der wir nun schon zum dritten Mal in Israel teilgenommen haben, geht es insbesondere darum, mit Nationen zu üben, mit denen wir sonst kaum zusammen fliegen. Es gilt dabei, die unterschiedlichen Verfahren kennenzulernen, sich auszutauschen, auch um Vertrauen aufzubauen.
Das Interview mit dem Inspekteur der Luftwaffe führte Detlef David Kauschke.