Herr Eitan, am 11. Mai 1960 haben Sie als führendes Mitglied eines Mossad-Kommandos Adolf Eichmann in Argentinien festgenommen. Wie häufig denken Sie an diesen Tag zurück?
Sehr oft. Ich war der Kopf einer insgesamt sechsköpfigen Truppe. Allesamt sehr gut auf diesen Moment vorbereitet und trainiert. Wir wussten genau, was wir zu tun hatten. Und letztendlich lief es genau so ab, wie es geplant war.
Wie denn?
Am Abend des 11. Mai 1960, es war schon dunkel, warteten wir in unserem Auto und täuschten eine Panne vor. Dann kam Eichmann mit dem Bus, so gegen acht – etwas später, als am Tag zuvor. Einer von uns sprach ihn an, dann überrumpelten wir ihn.
Wie fühlten Sie sich in diesem Moment?
Es war sehr aufregend für mich. Als ich seinen Bauch anfasste und die Narbe fühlte, stand für mich fest: Der Mann ist Eichmann. Einer von uns sprach Deutsch mit ihm und sagte, er solle ruhig sein. Eichmann flüsterte »Jawohl« oder etwas Ähnliches.
Mehr nicht?
Nein, er wirkte fast gelassen. Dann hat er sofort gestanden und auch keinen seiner Alibi-Namen benutzt, sondern gleich gesagt: »Ich bin Eichmann.« Schließlich fragten wir nach seiner SS-Nummer. Als er sie uns nannte, gab es keinen Zweifel mehr, dass wir ihn erwischt hatten.
Wie lange vorher hatten Sie die Festnahme im Detail geplant?
Zwei Monate.
So wenig Zeit für ein solches Unternehmen?
Ja, die Vorbereitungen in Israel selbst, das Aufspüren Eichmanns, haben nicht lange gedauert. Wir hatten das Ganze wirklich gut geplant. Wussten, wann er nach Hause kommt und wie sein Tagesablauf war.
Waren Sie später auch beim Prozess in Jerusalem?
Ja, sehr oft sogar. Viele Menschen kamen dorthin, fast alles Holocaust-Überlebende. Vor dem Prozess hatten sie nie über die Erfahrungen während des Zweiten Weltkrieges gesprochen. Der Prozess öffnete ihnen das Herz. Es war erstaunlich, wie sie langsam anfingen zu erzählen. Einige wurden sogar als Zeugen vernommen. Mit den Nürnberger Prozessen war ein Exempel statuiert worden, was mit Menschen wie Eichmann geschehen sollte. Das Todesurteil war also abzusehen.
Das Gespräch führte Katrin Richter.