Die jüdische Community in den Vereinigten Staaten von Amerika ist mit einem beispiellosen Anstieg von durch Judenhass motivierten Vergehen konfrontiert. Laut der NGO Anti-Defamation League (ADL) gab es im vergangenen Jahr 8873 Vorfälle dieser Art.
Seit 1979, als die ADL begann, entsprechende Daten aufzuzeichnen, handelt es sich um den höchsten Stand. »Dies ist teilweise auf die massive Zunahme antisemitischer Reaktionen auf das Massaker vom 7. Oktober in Israel und den andauernden Krieg in Gaza zurückzuführen«, hieß es in einer Erklärung der Organisation.
Aus dem ADL-Bericht für 2023 geht hervor, dass bei antisemitischen Vorfällen im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von 140 Prozent verzeichnet wurde. Die Zahl entsprechender Vergehen hatte schon 2022 Rekordwerte erreicht.
Gewalttätige Übergriffe
Von den 8873 Fällen im vergangenen Jahr wurden weit über 5000 nach dem 7. Oktober gemeldet. Dieser Aspekt zeigt einen deutlichen Zusammenhang mit den Massakern des palästinensischen Terrors im Süden Israels, beziehungsweise der Reaktion des jüdischen Staates auf die Attacke, bei der 1200 Menschen ermordet, 250 verschleppt und viele vergewaltigt, lebendig verbrannt oder anderweitig gefoltert wurden.
Die ADL teilte die Vorfälle in drei Kategorien auf. Dazu gehörten gewalttätige Übergriffe auf Personen, die als jüdisch wahrgenommen wurden. 161 Fälle wurden gemeldet. Orthodoxe Juden waren in einem Drittel der Fälle betroffen, obwohl ihr Anteil an der jüdischen Bevölkerung der USA nur etwa 12 Prozent beträgt.
In der nächsten Kategorie, nämlich Belästigungen, wurden 6535 Fälle gezählt. Es handelt sich um einen Anstieg um 184 Prozent im Vergleich zu 2022. Die Opfer wurden beleidigt oder mit antisemitischen Verschwörungstheorien belästigt.
Synagogen und Gemeindezentren
Vandalismus ist die dritte Kategorie. Hier kam es zu 2177 Fällen, in denen mit Judenhass in Zusammenhang stehende Sachbeschädigungen festgestellt wurden. Der Anstieg in diesem Bereich betrug 69 Prozent.
Weitaus mehr Synagogen, jüdische Gemeindezentren und jüdische Schulen waren von antisemitischen Übergriffen betroffen als im Vorjahr. Die Zunahme von 237 Prozent kann auch auf viele Bombendrohungen gegen diese Einrichtungen zurückgeführt werden.
Noch deutlicher ist die Zunahme von durch Judenhass motivierten Vorfällen in amerikanischen Universitäten. Sie betrug 321 Prozent.
Nationaler Notstand
Die ADL trug Zahlen aus allen 50 US-Bundesstaaten und dem District of Columbia zusammen, in dem sich die Hauptstadt Washington befindet. In Kalifornien, New York, New Jersey, Florida und Massachusetts gab es die meisten Vorfälle.
Mit der Veröffentlichung der alarmierenden Zahlen forderte die ADL die Gouverneure der Bundesstaaten auf, eigene Versionen der nationalen Strategie gegen Antisemitismus der Biden-Administration zu erarbeiten und umzusetzen.
»Antisemitismus ist nichts weniger als ein nationaler Notstand, ein Brand der Alarmstufe fünf, der immer noch im ganzen Land und in unseren lokalen Gemeinden und Universitäten wütet«, erklärte Jonathan Greenblatt, der CEO der ADL.
»Jüdische Amerikaner werden in der Schule, bei der Arbeit, auf der Straße, in jüdischen Einrichtungen und sogar zu Hause wegen ihrer Identität zur Zielscheibe gemacht«, so Greenblatt. Die Krise erfordere ein sofortiges Handeln in allen Bereichen der Gesellschaft.