Der AfD steht auch weiterhin kein Sitz im Stiftungsrat für die niedersächsischen Gedenkstätten zu. Der Niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg wies am Dienstag eine entsprechende Organklage der AfD-Landtagsfraktion in Hannover zurück.
Die Klage sei unbegründet und teilweise unzulässig, sagte Präsident Herwig van Nieuwland. Die übrigen Landtagsfraktionen und die Gedenkstättenstiftung zeigten sich erleichtert. (AZ: StGH 1/18)
Die AfD hatte die Klage im Juli eingereicht, um einen Sitz im Rat der Stiftung zu erreichen, die unter anderem die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen trägt. Sie wendet sich gegen die Änderung des Gedenkstättengesetzes vom Februar, durch die sie sich aus dem Stiftungsrat ausgeschlossen und dadurch die Chancengleichheit und ihre verfassungsmäßigen Rechte ausgehebelt sieht.
Hintergrund waren unter anderem Proteste von Schoa-Überlebenden gegen eine Beteiligung der AfD.
LINIE Alle Parteien außer der AfD hatten sich auf eine neue Linie verständigt. Danach wählt der Landtag vier Vertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit in den Stiftungsrat. Zuvor konnte jede Fraktion einen Sitz beanspruchen. Hintergrund waren unter anderem Proteste jüdischer Überlebender der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen gegen eine Beteiligung der AfD.
Der Staatsgerichtshof sieht das Recht auf Chancengleichheit der AfD nach dem Niedersächsischen Verfassungsgesetz nicht als verletzt an. Eine Fraktion könne danach die politische Arbeit im Parlament nur mit dem Gewicht vertreten, das der Stärke ihrer Vertretung entspreche. Die Partei habe Gelegenheit gehabt, ihre Ablehnung des Gesetzes vorzubringen und diese auch genutzt, führte van Nieuwland aus. »Die jeweiligen Abstimmungen sind nach dem Mehrheitsprinzip erfolgt und korrekt verlaufen.«
Der Stiftungsrat sei ein außerparlamentarisches Gremium, dem überwiegend Dritte angehörten, erläuterte der Präsident. Nur weil ihm auch Mitglieder des Landtages angehörten, müsse er nicht wie die Parlamentsausschüsse »spiegelbildlich« alle im Landtag vertretenen Fraktionen abbilden.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Jens Nacke, begrüßte das Urteil. »Mit der Änderung des Gedenkstättengesetzes haben wir verhindert, dass die Opferverbände aus der Gedenkstättenarbeit aussteigen.« Die SPD-Abgeordnete Wiebke Osigus sagte: »Mit ihrem Auftritt in Bückeburg hat die AfD-Fraktion erneut bewiesen, dass es ihr nicht um Sachthemen, sondern lediglich um die Inszenierung der eigenen Opferrolle geht.«
Der Geschäftsführer der Gedenkstättenstiftung ist erleichtert.
STIFTUNGSZWECK Die AfD hält die Begründung des Urteils für nicht überzeugend. Weitere Rechtsmittel gebe es jedoch nicht, sagte der Abgeordnete Klaus Wichmann. »Grundsätzlich ist ein Urteil eines höchsten Gerichts zu akzeptieren.«
Der Geschäftsführer der Gedenkstättenstiftung, Jens-Christian Wagner, zeigte sich dagegen erleichtert. Dass die AfD gegen die Änderung des Gesetzes geklagt habe, sei ihr demokratisches Recht, sagte er. Dass sie aber versucht habe, sich gegen den erklärten Willen der Überlebendenverbände in den Stiftungsrat einzuklagen, könne nur als Angriff auf die Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen gewertet werden.
Im Stiftungsrat sollte nur mitarbeiten, wer den Stiftungszweck unterstütze. Das treffe auf die AfD-Landtagsfraktion nicht zu. Stattdessen werde in der Partei die Verharmlosung der NS-Verbrechen ebenso geduldet wie Antisemitismus, Rassismus und rechtsextreme Hetze. epd