Magdeburg

Absage an Judenmission

Die Synode der EKD tagte in Magdeburg. Foto: dpa

Die evangelische Kirche hat der Judenmission eine klare Absage erteilt. Christen seien »nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen«, heißt es in der Erklärung, die die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Magdeburg nach intensiver Diskussion einstimmig beschlossen hat. Zugleich heißt es, dass Menschen den Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Bekenntnissen von Christen und Juden nicht lösen können: Das »stellen wir Gott anheim«.

Die Erklärung gilt als wichtiges Signal nach außen und nach innen. Sie sei »ein Markstein im Verhältnis der EKD zum Judentum«, sagte der Vorsitzende des Synodenausschusses »Schrift und Verkündigung«, der niedersächsische Landessuperintendent Detlef Klahr, bei der Vorstellung des zweiseitigen Papiers. Die Bezeichnung Judenmission treffe heutzutage nicht mehr zu, sagte Klahr, deshalb stehe »sogenannte Judenmission« in der Kundgebung.

verbundenheit Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die EKD-Erklärung begrüßt. Damit setze die Evangelische Kirche in Deutschland ein klares Zeichen gegen die christliche Missionierung von Juden. Die lange erwartete Erklärung sei Ausdruck der theologischen, aber auch der freundschaftlichen Verbundenheit von Judentum und Evangelischer Kirche, die im Alltag bereits von der Mehrheit der Gläubigen gelebt wird.

»Diese eindeutige Abkehr von der Judenmission bedeutet der jüdischen Gemeinschaft sehr viel«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. »Die EKD anerkennt damit auch das Leid, das die über Jahrhunderte praktizierte Zwangskonversion vieler Juden verursacht hat.« Er wünsche sich, dass die Erklärung nun auch von jenen Gemeinden, die bisher einen anderen Weg eingeschlagen haben, in die Praxis umgesetzt wird. »Das gilt auch für die sogenannten messianischen Juden, die keine Juden sind.«

Luther
Einige der 20 evangelischen Landeskirchen haben sich bereits in eigenen Erklärungen gegen die Mission von Juden ausgesprochen, in anderen gibt es unterschiedliche Ansichten dazu. Nachdem sich die EKD-Synode im vergangenen Jahr vom Antijudaismus des Reformators Martin Luther (1483–1546) klar distanziert hatte, kam die Forderung auf, sich noch vor dem 500. Reformationsjubiläum auch zur Judenmission zu positionieren.

Die Synode der EKD argumentiert dabei bewusst theologisch und weniger historisch. Sie beruft sich auf die »bleibende Erwählung Israels«: die Überzeugung, dass Gott zunächst mit dem Volk Israel einen Bund geschlossen hat und dann mit den Christen – und beide Vereinbarungen in Treue hält. »Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.« Somit hat das Präsidium unter Bezug auf Psalm 146 das Papier »... der Treue hält ewiglich« genannt.

Da die 20 Landeskirchen innerhalb der EKD eigenständig sind, ist die Entscheidung der EKD-Synode für sie nicht bindend. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer indes äußerte sich zuversichtlich, dass die Erklärung in Landeskirchen und Gemeinden Wirkung haben wird. Die Kundgebung sende eine klare Botschaft, die ihrer Ansicht nach nicht überhört werden wird.

Holocaust Das historische Argument, dass sich nach dem Holocaust eine Judenmission ohnehin verbiete, wird in nur einem Satz angesprochen: Das Bekenntnis zu »christlicher Mitverantwortung« am nationalsozialistischen Völkermord und das damit verbundene Umdenken habe auch Konsequenzen für ein christliches Zeugnis gegenüber Juden.

Nicht erwähnt werden die messianischen Juden, ihre Situation prägte aber die lange und intensive Diskussion in der Synode. Obwohl der Ausschussvorsitzende Klahr betonte, die Formulierungen böten »kein Schlupfloch«, kamen bei einigen Synodalen Befürchtungen auf, dass die Mission, die diese Gruppe betreibt, nicht genügend kritisiert wird. Messianische Juden glauben, dass Jesus ihr Messias ist, sehen sich aber selbst weiterhin als Juden. Auch in Deutschland existieren Vereine wie der »Evangeliumsdienst für Israel«, die jüdisch-messianische Gemeinden in Israel und Deutschland unterstützen. epd/ja

Meinung

Nur zweite Wahl?

Man muss den neuen Kanzler nicht mögen. Aber eine Chance geben sollte man ihm schon. Mit Heckenschützenmentalität und verantwortungsloser Lust am Zündeln haben einige Parlamentarier mutwillig den guten Ruf unseres Landes aufs Spiel gesetzt

 06.05.2025

Nahost

Trump verkündet überraschend Huthi-Kapitulation

Während Israel als Reaktion auf den jemenitischen Dauerbeschuss Huthi-Ziele bombardiert, überrascht US-Präsident Donald Trump mit einer Ankündigung: Die Miliz hätte kapituliert. Was das genau bedeutet, bleibt zunächst völlig unklar

 06.05.2025

Berlin

Merz: »Israel macht uns allergrößte Sorgen«

Noch am kommenden Wochenende soll der neue Außenminister Wadephul nach Israel reisen. Der neue deutsche Kanzler sendet schon jetzt eine klare Nachricht nach Jerusalem

 06.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  06.05.2025

8. Mai

Deutschland braucht noch Zeit

Auch 80 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sind entscheidende Fragen umstritten: Wer wurde befreit, von wem genau, und was folgt daraus? Ein Gesprächsangebot

von Igor Matviyets  06.05.2025

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Studie

Bildungsstätte Anne Frank: NS-Geschichte wird im Netz zum Spiel

Dabei würden falsche Darstellungen und antisemitische Klischees verbreitet

 06.05.2025

Kanzlerwahl

So reagiert das Ausland auf die Wahl-Niederlage im ersten Durchgang von Friedrich Merz

Die Niederlage von Friedrich Merz im ersten Wahlgang überrascht auch die internationalen Medien.

 06.05.2025

Presseschau

»Drama beGermania«: Wie israelische Medien auf die Kanzlerwahl blicken

Auch in Israel wird der Krimi um die im ersten Gang gescheiterte Wahl von Friedrich Merz mit Interesse verfolgt. Ein Überblick

 06.05.2025