»Wir würden zu keinem Zeitpunkt dulden, dass öffentliche Gelder unmittelbar oder mittelbar Personen oder Gruppen zugutekommen, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, antisemitische oder antijüdische Positionen vertreten.« So begründete Mark Rackles (SPD), Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, in einem Schreiben an das Berliner Büro des American Jewish Committee (AJC), warum das Flüchtlings-Theaterprojekt Refugee Club Impulse (RCI) nun vorerst doch keine Senatsgelder in Höhe von 100.000 Euro erhalten wird.
Die Mittel hatte das im Berliner Ortsteil Moabit ansässige Projekt über die Arbeiterwohlfahrt beantragt. Doch nach kritischen Presseberichten wurde der Antrag vorläufig zurückgezogen. Auch die Nominierung des RCI für den Sonderpreis für Kulturprojekte mit Flüchtlingen, der von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters (CDU), verliehen wird, wurde zurückgenommen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, bereits für die Nominierung sollte es eine Prämie von 2500 Euro geben.
al-quds-demo Unter anderem hatten die Berliner Zeitung und die Berliner Morgenpost berichtet, dass sich die künstlerische Leiterin des RCI, Nadia Grassmann, und die pädagogische Leiterin, Maryam Grassmann, seit Jahren an israelfeindlichen Kampagnen beteiligen. So belegten etwa Fotos und Videos das Engagement der Grassmann-Schwestern bei der alljährlichen Berliner Al-Quds-Demonstration. Anmelder der Demonstration ist der Vater der beiden, Jürgen Grassmann.
An dem vom RCI initiierten »Karneval der Geflüchteten« im März nahmen auch der Berliner Ableger der globalen BDS-Kampagne und die Organisation F.O.R. Palestine teil. Angesichts des drohenden Verlustes der eingeplanten Gelder beeilte sich das RCI, sich »von jeglicher Form von Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Sexismus oder anti-demokratischer Haltung« zu distanzieren, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Zwei Tage später erklärte Ahmed Shah, RCI-Mitbegründer, die Schwestern nähmen künftig nicht mehr an den Al-Quds-Demos teil, betonte aber zugleich, solche Aktivitäten seien deren Privatangelegenheit.
stereotype Dabei ist Shahs Position selbst mehr als zweifelhaft. Schon vor zehn Jahren zog der Sozialarbeiter in einem von ihm inszenierten Theaterstück Vergleiche zwischen der Schoa und dem israelisch-arabischen Konflikt. Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und des AJC reproduziere es antisemitische Stereotype. Und BDS-Berlin lud erst Anfang März »im Rahmen der Israeli Apartheid Week« zu einem Workshop in Shahs JugendTheaterBüro (JTB) in Moabit.
2015 bekam das JTB-Projekt »KulTür auf« den mit 20.000 Euro dotierten Preis »Kulturelle Bildung« der Bundeskulturbeauftragten. Am 21. Mai soll im Haus der Kulturen der Welt eine Projekt-Neuauflage folgen. Ob dann keine öffentlichen Gelder an Personen oder Gruppen gehen, »die das Existenzrecht Israels infrage stellen, antisemitische oder antijüdische Positionen vertreten«, ist fraglich.