Antisemitismus

»99 Prozent Sicherheit«

Herr Whine, am vergangenen Wochenende hat Hamza bin Laden, Sohn des Gründers von Al-Qaida, Muslime weltweit dazu aufgerufen, »Kreuzfahrer« und Juden zu attackieren. Muss die Sicherheit in den jüdischen Gemeinden nun verstärkt werden?
Dieser Aufruf schließt sich an eine Reihe anderer Drohungen an. Was mir aber besondere Sorgen bereitet: Der Fastenmonat Ramadan beginnt bald, und in den vergangenen Jahren gab es in dieser Zeit eine Serie von Terroranschlägen gegen jüdische Gemeinden. Daher müssen die Gemeinden und die Sicherheitsbehörden jetzt besonders auf der Hut sein.

Hilft da der Leitfaden des OSZE-Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) zum Thema »Antisemitischen Hassverbrechen begegnen – jüdische Gemeinden schützen«, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde?
Zumindest einige Länder erkennen jetzt die Bedrohung, werden aktiv und sind auch bereit, Geld auszugeben, um ihre jüdischen Bürger und jüdische Gemeinden zu schützen. Aber andere müssen noch mehr unternehmen. Es gibt nach wie vor viel Arbeit. Das aufzuzeigen, ist Zweck dieses Leitfadens.

Rabbiner Andrew Baker, einer der Autoren, sagte, manche jüdische Gemeinden in Europa müssten ein Viertel ihre Budgets für Sicherheit ausgeben.
Ja, und zwar nicht nur in Osteuropa, sondern auch in der Schweiz muss die jüdische Gemeinschaft ihre Sicherheit selbst finanzieren. Auch in Österreich muss sie einen Großteil selbst übernehmen. Das sollte nicht so sein. Es ist Aufgabe der Regierungen, ihre Bürger zu schützen, egal, welcher Religion sie angehören.

Auch Sie haben am Leitfaden mitgearbeitet.
Ich habe Empfehlungen für Polizisten beigesteuert. Die meisten Polizisten in Europa haben wahrscheinlich noch nie einen Juden gesehen. Deshalb muss man sie über Feiertage aufklären, an denen die Sicherheit verstärkt wird, wie Rosch Haschana und Jom Kippur.

Was raten Sie Gemeindevorsitzenden?
Sie müssen sich gut mit der Polizei, den Behörden und Politikern vor Ort vernetzen.

Kann es 100 Prozent Sicherheit geben?
Nein, aber 99 Prozent. Auf der Straße ist das zwar schwer zu realisieren, aber für eine Institution sollte es möglich sein. Man kann zum Beispiel verdächtige Autos und Personen beobachten oder auch die Verkehrsordnung vor dem betreffenden Gebäude ändern.

Empfehlen Sie den Einsatz Freiwilliger?
Unsere Organisation hat in Großbritannien mehr als 2000 Freiwillige rekrutiert und berät auch die Polizei – mit großem Erfolg. Man muss natürlich entscheiden, ob man Freiwillige drinnen oder draußen einsetzt und ob man sie mit Kameras überwacht, um sie nicht alleine zu lassen. Ich sage übrigens immer, die besten Freiwilligen sind ältere Damen – weil sie dazu neigen, ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute zu stecken.

Mit dem Direktor für Regierungsangelegenheiten der Sicherheitsstiftung der Juden in Großbritannien (CST) sprach Ayala Goldmann.

Nahost

Was bedeutet die Einigung zwischen Israel und der Hisbollah?

Die Hintergründe des Abkommens im Überblick

von Johannes Sadek  26.11.2024

Bürokratie

Begehrter Pass

Seit dem 7. Oktober beantragen immer mehr Israelis die deutsche Staatsbürgerschaft. Eliyahu Raful bietet ihnen Hilfe an

von Pascal Beck  26.11.2024

Soziale Medien

Höcke verbreitet antisemitische Nazi-Karikatur

Laut »Welt« teilte der AfD-Politiker eine Zeichnung aus einer SS-Zeitschrift

 26.11.2024

Berlin

Massive Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz israelischer Basketballer und Fans

Es gilt ein Demonstrationsverbot

von Imanuel Marcus  26.11.2024

Debatte

Baerbock zu Netanjahu-Haftbefehl: Niemand steht über dem Gesetz 

An dem Haftbefehl gegen Israels Premierminister gibt es massive Kritik. Für Außenministerin Baerbock indes ist klar, wie Deutschland im Falle einer Einreise von Netanjahu reagieren sollte

 25.11.2024

Meinung

Wie rechtfertigt ihr euer Schweigen?

Am Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erwähnen die meisten feministischen Organisationen die Jüdinnen in Hamas-Geiselhaft mit keinem Wort. Ein Kommentar von Sharon Adler

von Sharon Adler  25.11.2024

Meinung

Der Rubikon ist längst überschritten

Eine »globale Intifida« breitet sich auch im Westen aus. Es wäre an der Zeit, dass Regierungen klare rote Linien einziehen

von Jacques Abramowicz  25.11.2024

Meinung

Slowik muss sich an Golda Meir ein Vorbild nehmen

Die Polizeipräsidentin hat Juden zur Vorsicht vor arabischstämmigen Menschen gemahnt. Das ist das falsche Signal

von Sigmount A. Königsberg  25.11.2024

Karlsruhe

Bundesanwaltschaft klagt mutmaßliche Hamas-Mitglieder an

Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung

 25.11.2024