Staatsanwaltschaften ermitteln derzeit bundesweit gegen 23 mutmaßliche KZ-Wachmänner- und Frauen. Das sagte der Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen, Jens Rommel, der »taz« (Montagsausgabe). Allerdings hat sich die Zahl der Verfahren infolge des Todes oder der Verhandlungsunfähigkeit der über 90 Jahre alten Beschuldigten verringert.
So übernahm die Staatsanwaltschaft Erfurt im Jahr 2017 zehn Verfahren gegen ehemalige Aufseher des KZ Buchenwald nach Vorermittlungen der Zentralen Stelle. Davon sind Ende 2019 nach Angaben von Rommel noch sechs übrig geblieben, ohne dass die Ermittlungen abgeschlossen werden konnten. Die anderen vier Beschuldigten seien tot oder verhandlungsunfähig.
RAVENSBRÜCK Die Staatsanwaltschaft in Neuruppin ermittelte ab 2017 und 2018 gegen insgesamt acht Personen im Alter von 94 bis 96 Jahren, die im KZ Ravensbrück eingesetzt worden waren. Ihre Zahl ist Ende 2019 auf nur noch eine einzige weibliche Beschuldigte gesunken, bei der eine wahrscheinlich Verhandlungsunfähigkeit attestiert werden muss. Das sagte der zuständige Neuruppiner Staatsanwalt Cyrill Klement der »taz«.
Weitere Ermittlungen gegen KZ-Wächter betreffen elf von ursprünglich 14 Beschuldigten aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, zwei aus Stutthof sowie zwei Verfahren gegen Personen, die in Mauthausen tätig waren, so Rommel.
Gegen keinen der Verdächtigen wurde bisher Anklage erhoben. Hinzu kommt ein ursprünglich in Münster und heute in Wuppertal anhängiges Verfahren gegen einen mutmaßlichen Stutthof-Täter, dessen Verfahren bisher wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht beginnen konnte.
STUTTHOF Der zweite Münsteraner Fall gegen einen Stutthof-Wachmann endete Anfang 2019 mit der Einstellung des Prozesses wegen der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten. Seit Oktober 2019 verhandelt das Hamburger Landgericht gegen einen früheren Wachmann im KZ Stutthof.
Dem 93-Jährigen wird Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen vorgeworfen. Inzwischen sind Verhandlungstage bis Ende Februar 2020 terminiert. epd