Rückblende

1972: Im Schatten des Terrors

München 1972: olympische Flagge auf Halbmast Foto: dpa

Rückblende

1972: Im Schatten des Terrors

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 27

von Michael Brenner  29.04.2013 18:04 Uhr

Nichts war nach dem 5. September 1972 mehr so wie vorher: Aus den angekündigten »fröhlichen Spielen« war ein blutiges Olympia geworden, und das Bemühen Deutschlands, sich ein neues Image zu geben, an dem palästinensischen Terror gescheitert. »München« erhielt nun einen weiteren schalen Beigeschmack. Hatte es vorher für Hitlers »Haupstadt der Bewegung« und den Misserfolg der Appeasement-Politik gestanden, so nun für den modernen Terror. In Steven Spielbergs Spielfilm zum Thema reichte der Titel München aus, um den Zuschauern klarzumachen, worum es ging.

Für die jüdischen Gemeinden in Deutschland und Europa begann nach dem Terroranschlag auf die israelischen Athleten endgültig die Zeit der Absperrungen und Sicherheitskontrollen. Spätestens seit 1972 erkennt man jede jüdische Einrichtung an der Polizeipräsenz vor dem Gebäude. Dabei kam der Terror keineswegs aus heiterem Himmel nach München.

Am 10. Februar 1970 griffen arabische Terroristen am Flughafen Riem Passagiere einer El-Al-Maschine an, die auf dem Weg von Tel Aviv nach London in München zwischenlandete, und töteten dabei einen Menschen. Nur drei Tage später kam es kurz nach Schabbatanbruch zu einem Brandanschlag auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde, der sieben Todesopfer forderte. Innerhalb weiterer acht Tage wurden wiederum Flugzeuge auf dem Weg nach Israel entführt und in die Luft gesprengt. Im Juni 1970 schändeten Eindringlinge eine Torarolle sowie andere Kultgegenstände in der Münchner Hauptsynagoge.

verweigerung Die vollständige Aufklärung des stümperhaften Polizeieinsatzes auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck, bei dem neun israelische Sportler und ein bayerischer Polizist getötet wurden, steht weiterhin aus. Selbst mit dem Gedenken an diese Vorgänge scheint es bis heute immer wieder Probleme zu geben. 2012 versuchten jüdische Organisationen vergeblich, das IOC zu überreden, am Rande der Olympischen Spiele in London eine Gedenkfeier für die 40 Jahre zuvor ermordeten israelischen Sportler abzuhalten.

Diejenigen, die sich über diese Verweigerung empörten, konnten sich vielleicht noch daran erinnern, dass auch 1972 die Vertreter des Nationalen Olympischen Komitees der Bundesrepublik einer Gedenkfeier im Vorfeld der Olympiade fernblieben. Es ging um die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in der nahegelegenen Gedenkstätte des ehemaligen KZ Dachau. Wie 2012 verweigerten die offiziellen Vertreter der Olympischen Spiele auch 1972 ihre Unterstützung und blieben der Veranstaltung fern.

Nachtrag zu Folge 21 vom 25. April: Initiator der Gründung einer Jüdischen Schule in Frankfurt/Main war Moritz Gertler sel. A.

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