Rückblende

1966: Gründung der Jüdischen Schule Frankfurt/Main

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 21

von Michael Brenner  11.03.2013 20:04 Uhr

Rabbiner Isaak Emil Lichtigfeld (2.v.l.) Foto: Jüdisches Museum Frankfurt am Main

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 21

von Michael Brenner  11.03.2013 20:04 Uhr

Wohl kein anderes Ereignis hat so deutlich signalisiert, dass jüdisches Leben in Deutschland nach der Schoa eine mehr als nur vorübergehende Erscheinung bleiben würde wie die Gründung der ersten jüdischen Grundschule in Frankfurt am Main 1966. Viele jüdische Eltern schickten damals ihre Kinder auf jüdische Internate nach Frankreich oder England oder zu Familien nach Israel.

In Deutschland gab es keine jüdischen Bildungseinrichtungen, nachdem Ende der 40er-Jahre das Hebräische Gymnasium in München geschlossen wurde. Es war viel von den »Liquidationsgemeinden« die Rede, die bald wieder verschwinden würden. Doch Mitte der 60er-Jahre wuchs eine neue Generation von nach dem Krieg Geborenen heran, für die man neue Strukturen suchen musste.

internat Vor allem die Erziehung war wichtig, wollte man das Judentum in Deutschland bewahren. Die sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete und Repräsentantin der Berliner Jüdischen Gemeinde Jeanette Wolff hatte auf der Ratstagung des Zentralrats 1964 die Devise ausgegeben: »Wir versündigen uns an unserer Jugend, wenn wir die gepackten Koffer in die Kindheit unserer Kinder tragen. Lassen wir sie erst mal im Hause zu guten Juden und außerhalb des Hauses zu guten Menschen werden.«

Der Zentralrat hatte Pläne entwickelt, ein jüdisches Internat in Deutschland zu gründen, die später vom Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern weitergeführt wurden. Man schien 1965 nahe daran zu sein, ein solches Internat in Augsburg einzurichten, doch all diese Projekte scheiterten schließlich.

gymnasien Erfolgreicher war die Einrichtung jüdischer Grundschulen. Vorreiter war die 1966 gegründete Schule in Frankfurt, die vor allem auf die Initiative des dortigen Gemeinderabbiners Isaak Emil Lichtigfeld zurückging und nach dessen Tod 1967 nach ihm benannt wurde. Es folgte sehr bald die Sinai-Schule in München. In Berlin sollte es mit der Gründung einer jüdischen Grundschule noch bis in die 80er-Jahre dauern. Berlin war allerdings die erste Stadt, in der 1993 eine jüdische Oberschule geschaffen wurde.

Die Einrichtung weiterer jüdischer Gymnasien in den großen Gemeinden wird heute diskutiert. Sie bedeutet in einer zahlenmäßig stark angewachsenen Gemeinschaft eine ebenso wichtige Weichenstellung wie seinerzeit die Gründung jüdischer Grundschulen. Nur duch die systematische Vermittlung jüdischen Wissens kann es eine Zukunft für jüdisches Leben geben.

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