Rückblende

1956: Deutsch ist die Saar

Regierungserklärung zum Saarvertrag 1956 Foto: dpa

Rückblende

1956: Deutsch ist die Saar

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 12

von Michael Brenner  02.01.2013 10:39 Uhr

Die Juden des Saarlands hatten nach 1945 eine Geschichte, die sich von der ihrer Mitjuden im westlichen wie östlichen Restdeutschland unterschied. Von 1947 bis 1956 waren sie Teil eines nominell unabhängigen Gebiets, das sich durch eine eigene Staatangehörigkeit, Flagge, Hymne und sogar Fußballnationalmannschaft auszeichnete. Politisch und wirtschaftlich war das Saarland zu jener Zeit ein Protektorat Frankreichs, mit dem eine Zollunion bestand, auch wenn 1954 ein eigener »Saar-Franken« als Währung eingeführt wurde.

Den jüdischen Emigranten fiel die Rückkehr in ein französisches Protektorat leichter als nach Deutschland. Remigranten machten daher einen höheren Prozentsatz der Mitglieder der im Juni 1946 wiedergegründeten jüdischen Gemeinde Saarbrücken aus, als dies in anderen deutschsprachigen jüdischen Gemeinden der Fall war.

Staatsbürgerschaft So ergibt sich das Bild einer relativ homogenen jüdischen Gemeinde, deren Identität stark am französischen Nachbarland, das den meisten der Mitglieder Exil geboten hatte, orientiert war. Fast alle saarländischen Juden hielten an ihrer französischen Staatsbürgerschaft fest und schickten ihre Kinder auf die einzige französischsprachige Schule Saarbrückens. Sie verwendeten auch in Einladungen zu Gemeindefeiern die französische Sprache und pflegten enge Kontakte zu den benachbarten Gemeinden in Frankreich.

Als Juristen und politische Würdenträger spielten saarländische Juden eine wahrnehmbare Rolle beim Wiederaufbau der Region. Zudem stammte der Gouverneur und spätere Hohe Kommissar Gilbert Granval selbst aus den Reihen der jüdischen Gemeinschaft. Die Kontinuität mit der Vorkriegsgemeinde wurde auch durch die zumindest zeitweilige Rückkehr des ehemaligen Rabbiners Shlomo Rülf sowie durch den Neubau einer Synagoge im Jahre 1951 im liberalen Vorkriegsstil mit Orgel unterstrichen.

ENTTÄUSCHUNG Als bei einer Volksabstimmung im Oktober 1955 zwei Drittel der saarländischen Bevölkerung das von Bundeskanzler Konrad Adenauer gemeinsam mit der französischen Staatsführung unter Pierre Mendès-France ausgearbeitete Saarstatut ablehnten, das die Region politisch dem EU-Vorläufer »Westeuropäische Union« als eigenständiges Gebiet unterstellen wollte, wurde dieses Ergebnis als Votum für den Anschluss an Deutschland interpretiert.

Das Gesetz über die Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik vom 23. Dezember 1956 besiegelte endgültig das Schicksal dieses Gebiets als elftes Bundesland. Für seine jüdische Gemeinde bedeutete das größtenteils eine Enttäuschung und die Wiederausrichtung nach Frankreich, dem beliebtesten Ziel der jüngeren Generation.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  04.05.2025

Brandenburg

1200 Menschen gedenken der Befreiung des KZ Ravensbrück

28.000 Menschen wurden in dem Konzentrationslager während der Schoa getötet

 04.05.2025

Umfrage

48 Prozent der Deutschen für AfD-Verbot

61 Prozent der Befragten halten die Partei außerdem für rechtsextrem

 04.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Interview

»Deutschlands Vorbildrolle steht radikal infrage«

Oliver von Wrochem über 80 Jahre Kriegsende, eine stärker werdende AfD und NS-Gedenkstätten als gesellschaftspolitische Akteure

von Sebastian Beer  02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Was bedeutet die neue Einstufung für die AfD?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schritt des Verfassungsschutzes, die gesamte Partei als gesichert rechtsextrem einzustufen

von Anne-Beatrice Clasmann  02.05.2025