Christine Glauning

Zwangsarbeit: Profit ohne Reue

Christine Glauning Foto: Egon Zweigart

Bahlsen, BMW, Siemens, Salamander – es gibt kein deutsches Unternehmen, das während der NS-Diktatur auf Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter verzichtet hätte.

Jede Branche war vertreten – wenn die jeweiligen Produkte als kriegswichtig galten. Das konnten auch Kekse für die Wehrmacht sein. Mit guten Kontakten zur NS-Elite ließ sich da einiges bewirken.

GRUNDSTOCK Ohne Zwangsarbeit hätte der Zweite Weltkrieg nicht so lange geführt werden können, wäre die Rüstungsproduktion, aber auch die Versorgung der deutschen Bevölkerung zusammengebrochen.

Für deutsche Unternehmen bot die Zwangsarbeit zum einen die Chance, den Betrieb aufrechtzuerhalten; sie konnten aber auch schon für die Zeit »danach« planen und Materialien und Maschinen sichern.

Das »Wirtschaftswunder« basierte auch auf der Ausbeutung von rund 26 Millionen Männern, Frauen und Kindern

Der millionenfache Zwangsarbeitseinsatz im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten legte den Grundstock für den Wiederaufbau nach 1945, trotz Zerstörung und Demontagen.

Das »Wirtschaftswunder« basierte auch auf der Ausbeutung von rund 26 Millionen Männern, Frauen und Kindern, die unter erbärmlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden. Mindestens 2,7 Millionen starben, die Überlebenden hatten zeitlebens an den Folgen zu leiden. Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige!

GESELLSCHAFTSVERBRECHEN Die Anerkennung dieses Gesellschaftsverbrechens als NS-Unrecht durch die deutsche Regierung dauerte 55 Jahre. Die Beteiligung deutscher Unternehmen am Entschädigungsfonds musste mit massivem Druck und durch Sammelklagen durchgesetzt werden.

Erst die Furcht vor wegbrechenden Absatzmärkten wirkte. Rechtssicherheit war den verhandelnden CEOs wichtiger als eine »Wiedergutmachung«. Reue? Wieder Fehlanzeige.

Neuere Initiativen zeigen, dass es in einigen Unternehmen ein Umdenken gibt. Die Bahlsens, Quandts und Reimanns lassen ihre Firmengeschichte aufarbeiten, unterstützen Überlebende oder fördern ausgewählte Projekte im Bereich Bildung und Wissenschaft.

Es wäre aber darüber hinaus wichtig, dass Unternehmen in ihren Programmen und im Rahmen einer Stiftungsprofessur erforschen, was geschieht, wenn ökonomische Interessen über die Würde einzelner Menschen gestellt werden – in der Vergangenheit und in der Gegenwart.

Die Autorin ist Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit.

Meinung

Der AfD-Claqueur

Elon Musk hat sich als Unterstützer der AfD geoutet. Das sollte seinen Anhängern in Deutschland eine Warnung sein

von Michael Thaidigsmann  20.12.2024

Meinung

Der PEN Berlin und die Feinde Israels

In der Schriftstellervereinigung konnte eine Resolution BDS-naher Autoren gerade noch abgewendet werden. Alles gut also? Nicht wirklich

von Lorenz S. Beckhardt  20.12.2024

Glosse

Kniefall 2.0

Ist Markus Söder jetzt alles Wurst oder erfüllt er nur die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft?

von Michael Thaidigsmann  19.12.2024

Meinung

Glühwein und Judenhass

Nach einem »Antikolonialen Friedensweihnachtsmarkt« in den Räumen einer Darmstädter Kirchengemeinde sollten die Bischöfe Klartext reden

von Tobias Kühn  18.12.2024

Meinung

Gaza und die Opferzahlen der Hamas

Die palästinensische Terrororganisation instrumentalisiert die Anzahl der Getöteten, um die politische Stimmung zu ihren Gunsten zu beeinflussen

von Sebastian Engelbrecht  17.12.2024

Meinung

Im Zweifel für die Sicherheit

Israels Angriffe auf Syrien waren trotz fehlender völkerrechtlicher Legitimation richtig, denn die Giftgasbestände im Land bedeuteten eine konkrete Gefahr für den jüdischen Staat

von Daniel-Dylan Böhmer  17.12.2024

Kommentar

Die UNRWA ist Teil des Problems - und nicht seine Lösung

Die UNRWA ist Geschichte. So wollte es eine breite Mehrheit in der Knesset. Dieser Schritt war überfällig, berechtigt - und dennoch falsch. Zumindest jetzt

von Georg M. Hafner  16.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Der Westen sollte keinem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde

von Jacques Abramowicz  11.12.2024