Einspruch

Wo bleibt der Humor?

Adriana Altaras Foto: Marco Limberg

Die letzten Filme, die ich auf dem Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg angeschaut habe, waren nicht mit allzu viel Humor gesegnet – und falls doch, dann mit sehr, sehr subtilem. Ich musste mich enorm konzentrieren, um ihn zu erkennen. Vielleicht, habe ich mir gesagt, lädt die Welt gerade nicht zum Lachen ein.

Ein Krieg in unmittelbarer Nähe, eine Klimakatastrophe, die nicht mehr zu leugnen ist, und ein israelischer Staat mit einer Regierung, die alles andere als vertrauenswürdig ist. Dazu hat die AfD in Thüringen wieder an Stimmen gewonnen. Und wenn man die alten Traumata dazuzählt, die jederzeit aufploppen können und uns die Schoa wieder nahebringen, wird man auf Komödien die nächsten 50 Jahre wohl verzichten müssen.

gegenüber Andererseits: Wo bleibt der jüdische Humor, der gerade dann besonders gefragt ist, wenn es nichts mehr zu lachen gibt? Mit dem Humor ist es natürlich immer so eine Sache. Manchmal werde ich gefragt: »Sie sind ja so lustig, Frau Altaras. Bestimmt, weil Sie so viel jüdischen Humor haben –oder?« Bei dieser Frage denke ich immer darüber nach, ob sie antisemitisch oder philosemitisch ist – und ob ich meinem Gegenüber ein Ohr abbeiße, damit ich die Frage nie wieder beantworten muss.

Kurzum: Als Juden müssen wir nicht lustiger sein als die anderen. Und unsere Filme können so finster und dystopisch sein, wie ihre Regisseure nur wollen. Aber wenn uns die Selbstironie verloren geht, wenn wir uns schrecklich ernst nehmen und über unsere Schrullen und die Peinlichkeiten der Welt nicht mehr schmunzeln können, dann ist Alarm angesagt. Das gilt für den Alltag genauso wie für den Film. Für Juden wie für Nichtjuden. Und für Filme aller Genres.

Brauchen wir mehr Humor auf Filmfestivals? Mein Freund Tevje aus Anatevka würde antworten: einerseits und andererseits. Meine Antwort lautet: Ja! Mehr (jüdischen) Humor auf jedem Festival. Lachen kann keine Katastrophe verhindern, aber es hilft, sie auszuhalten.

Die Autorin ist Schauspielerin, Regisseurin und Schriftstellerin.

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  05.02.2025

Migrationspolitik

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten. Ein Appell unserer Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Meinung

Die Union kämpft für den Erhalt der Demokratie

Keine Demokratie bleibt Volksherrschaft, wenn sie auf Dauer den Willen des Volkes missachtet

von Michael Wolffsohn  05.02.2025

Meinung

Die Union legitimiert die AfD und diffamiert alle Migranten

Friedrich Merz schafft ein Umfeld, in dem Antisemitismus gedeiht, wenn er die Punkte der AfD übernimmt

von Liora Jaffe  05.02.2025

Appell

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen in der Migrationspolitik endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten

von Ayala Goldmann  05.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz und die Verschärfung der Migrationspolitik: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  05.02.2025 Aktualisiert

Kommentar

Hoffen wir, dass Donald Trump einen Plan hat

Der US-Präsident will den Gazastreifen besetzen und hätte nichts dagegen, wenn Israel Teile des Westjordanlands annektieren würde. Was will er damit bezwecken?

von Nils Kottmann  05.02.2025 Aktualisiert

Meinung

Das erdrückende Schweigen der »Anständigen« beim Thema Antisemitismus

Hunderttausende demonstrieren gegen Rechtsextremismus und skandieren »Nie wieder ist jetzt«. Doch beim Antisemitismus sind sie erstaunlich still

von Ralf Balke  03.02.2025

Meinung

Ohne sie sind wir nicht vollständig

Wir dürfen und werden nicht ruhen, bis endlich wieder alle Geiseln zu Hause sind

von Benjamin Graumann  02.02.2025