Die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig praktiziert das Recht unter einer für das neue Deutschland wichtigen Adresse: Fritz-Bauer-Platz 1. Dessen Name ist engstens verbunden mit den Frankfurter Auschwitz-Prozessen, die ohne ihn – deutscher Jurist und Jude, zwölf Jahre Generalstaatsanwalt in Hessen – niemals stattgefunden hätten, aber in seine Zeit fällt auch die positive Neubewertung der Widerstandskämpfer des 20. Juli.
Die aktuelle Entscheidung der Staatsanwaltschaft Braunschweig, ein Volksverhetzungsverfahren gegen einen Rechtsextremisten einzustellen, ist sicherlich nicht ohne das Einvernehmen mit dem Generalstaatsanwalt in Braunschweig gefallen, aber ob der damalige Generalstaatsanwalt Fritz Bauer diese Entscheidung genehmigt hätte, ist mehr als fraglich.
wahlplakate Sie reiht sich nahtlos ein in die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts Hannover des vergangenen Jahres zu den Wahlplakaten der Partei »Die Rechte« im niedersächsischen Landtagswahlkampf mit der Aufschrift »Israel ist unser Unglück!«.
Es sind Begriffe der heutigen Rechtsextremisten, die von Judenpresse reden und Juden meinen.
Da kämpfte die Generalstaatsanwaltschaft Celle mit guten Gründen für eine Anklage wegen Volksverhetzung, denn die Gesetze für Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung sind allemal ausreichend, dass selbst bei grenzwertigen Äußerungen Anklagen erhoben werden sollen, nein, müssen, damit ein Gericht eine Entscheidung treffen kann. Aber die Richter wollten nicht.
grenzen Sind Ausdrücke wie »Judenpresse«, »Feuer und Benzin für euch!«, geschleudert aus dem Mund eines Rechtsextremisten, etwa grenzwertig? Oder haben sie nicht vielmehr die Grenzen weit überschritten? Es sind Begriffe des »Stürmers«, jenes Naziorgans, mitverantwortlich für sechs Millionen ermordete Juden.
Es sind Begriffe der heutigen Rechtsextremisten, die von Judenpresse reden und Juden meinen. Hat die Staatsanwaltschaft vielleicht bei ihrer Entscheidung, das Verfahren einzustellen, auch über den Begriff »Holocaust« nachgedacht? Brandopfer! Wirklich grenzwertig, Herr Staatsanwalt?
Der Autor ist Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen sowie der Jüdischen Gemeinde Hannover.