Kommentar

Wir sollten nicht naiv sein

Das aus dem Iran gesteuerte Islamische Zentrum Hamburg und seine Unterorganisationen wurden am Mittwoch verboten und aufgelöst Foto: IMAGO/Nikito

Gestern hat die Bundesregierung das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) und mehrere mit ihm verbundene Organisationen verboten.

Der Grund war nicht, wie von manchen jetzt behauptet wird, dass es sich um einen schiitisch-islamistischen Verein handelte. Denn in Deutschland gilt die Religionsfreiheit. Grund war vielmehr, dass das IZH die Ideologie und den Hass des islamistischen iranischen Regimes in Deutschland verbreitet und gefördert hat, der gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.

Laut Innenministerium richtete sich die Ideologie des IZH gegen Frauenrechte, gegen eine unabhängige Justiz und gegen die demokratische Grundordnung schlechthin. Hinzu kommt eine sehr radikale Interpretation des Islam und die Verbreitung von Antisemitismus. Außerdem finanzierte das IZH in Deutschland verbotene Terrororganisationen mit.

Lesen Sie auch

Der Staat muss gewährleisten, dass alle in unserem Land sicher leben können - unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Geschlechtes oder ihrer Religion. Leider hat die Zuwanderung der letzten Jahre diese Aufgabe nicht einfacher gemacht. Ja, ein Staat wie Deutschland muss auch Schutz bieten für Menschen, die anderswo wegen genau dieser Aspekte verfolgt und diskriminiert werden. Er muss aber auch diejenigen schützen, die schon lange hier leben.

Manchmal geraten diese beiden »Staatsziele« miteinander in Konflikt.

Denn auch, wenn viele es nicht hören wollen, Deutschland ist ein Zuwanderungsland, und das ist gut so. Wegen der niedrigen Geburtenrate braucht Deutschland Fachkräfte zum Erhalt seines Rentensystems. Des Weiteren ist Pluralismus grundsätzlich etwas Positives; neue Ideen und frischer Wind haben selten geschadet.

Ehrlichkeit in der Zuwanderungsdebatte

Frischer Wind ist aber nicht dasselbe wie der Muff der Vergangenheit. Unsere freiheitliche, offene Gesellschaft kann nicht im großen Stil Menschen aufnehmen, die genau diese offene Gesellschaft bekämpfen, die unsere Werte verteufeln und zentrale Grundsätze nicht respektieren. Man kann das Leitkultur nennen oder anders, gemeint ist dasselbe.

Wir brauchen mehr Ehrlichkeit in der Zuwanderungsdebatte. Die fängt schon damit an, dass wir Probleme nicht wegerklären oder wegdefinieren, weil sie uns unangenehm sind. Sie beinhaltet auch, dass wir uns nicht selbst für das Scheitern der Integration einiger Zugewanderter verantwortlich machen, wenn diese selbst es waren, die sich nicht integrieren wollten. Integration ist auch eine Bringschuld.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Fakt ist: Leider wollen sich viele nicht integrieren. Wir müssen uns überlegen, wie wir damit umgehen. Parallelgesellschaften sind nicht die Lösung. Und nein, es soll keinem verboten sein, seine Sprache oder Bräuche oder religiösen Überzeugungen bei uns auszuleben, solange diese im Einklang mit unseren Gesetzen stehen.

Wir sollten aber auch nicht naiv sein: Wenn der Iran oder die Türkei gezielt versuchen, die Integration von Muslimen in Deutschland zu unterminieren, indem sie Moscheen und Vereine finanzieren und zu ideologischen Vorfeldorganisationen umbauen, dann muss der deutsche Staat handeln – im Interesse der Menschen hier.

Anreize und Sanktionen

Nur, wie soll man dieses Problem menschenwürdig angehen? Diejenigen, die sich gut integrieren, sollen die Staatsbürgerschaft bekommen. Idealerweise nur dann, wenn sie legal nach Deutschland eingereist sind, obwohl manchmal Umstände vorliegen, die das unmöglich machen.

Diejenigen, die unsere Strafgesetze brechen und andere bedrohen oder ihnen gar Schaden zufügen, haben hier aber nichts zu suchen. Es sollte auch die Möglichkeit bestehen, die deutsche Staatsbürgerschaft bei groben Verstößen wieder zu entziehen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Zudem braucht es eine Obergrenze pro Jahr. Ein maximales Kontingent also, das man auch nur im Notfall (zum Beispiel bei kriegsbedingten Fluchtbewegungen) voll ausschöpfen sollte.

Die Kosten pro Zuwanderer sollten genau beziffert und zunächst vom Bund übernommen werden. Länder und Kommunen sollten dann anteilig beteiligt werden, wobei der Gedanke ist, dass man den betroffenen Personen zu diesem Zeitpunkt den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht hat.

Keine Toleranz gegenüber Intoleranz

Und – vielen Linken dürfte das nicht gefallen: Wir müssen uns klar sein, welche Gesellschaft wir wollen und welche nicht. Das Kalifat gehört nicht zu den Dingen, die sich die meisten Deutschen wünschen.

Ja, viele Muslime kommen hierher, um dem Unrecht in ihren Ländern zu entkommen. Viele sind wunderbar integriert in diese Gesellschaft, und das seit vielen Jahren. Aber einige bringen auch in der alten Heimat gelernte Intoleranz und eine extreme Auslegung des Islam mit.

Und ja, wir sollten anderen gegenüber tolerant sein. Aber diese Toleranz muss aufhören bei denjenigen, die sich uns gegenüber partout nicht tolerant verhalten und dies auch nicht vorhatten.

Hier bietet gerade die Schließung des IZH die Chance für einen Neuanfang. Sollte sie juristisch bestätigt werden, könnte bald eine neue Moscheegemeinde in Hamburg aufgebaut werden, die nicht aus dem Ausland gesteuert wird und die Toleranz statt Hetze predigt.

Es wäre ein schönes Zeichen.

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025