Vergangene Woche hat die Schoa-Überlebende Margot Friedländer nach einer rührenden Laudatio des Bundespräsidenten den Walther-Rathenau-Preis erhalten. Als Dank für die beispiellose Erinnerungsarbeit, die sie seit ihrer Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2010 unermüdlich leistet.
Es war eine bewegende Veranstaltung, so wie es immer bewegend ist mit Margot Friedländer, mit ihrer unbegreiflichen Stärke und vor allem ihrem entzückenden Witz. Doch die festliche Atmosphäre wurde gleichzeitig von einer wachsenden Besorgnis begleitet.
erinnerungen Sie war zu spüren, als Margot Friedländer, vorsichtig und fest gestützt an beiden Armen, die Bühne betrat. Als sie mit ihrer ikonischen, aber zunehmend brüchigen Stimme ihre Dankesrede sprach. Friedländer ist inzwischen 100 Jahre alt. Lange wird sie ihre Geschichte nicht mehr persönlich erzählen können. Die Frage danach, wie wir ihre Erinnerungen und die anderer Überlebender zukünftig wachhalten – sie wird immer lauter. Sie war auch an diesem Tag laut.
Zuhören allein wird mit einer zunehmenden Bedrohung durch rechtsextreme Ideologien nicht mehr reichen, um unsere Demokratie zu erhalten.
Margot Friedländer begegnen zu dürfen, sei ein Geschenk an uns alle, sagte Bundespräsident Steinmeier. Das stimmt. Doch was ist, wenn die nachfolgenden Generationen Überlebende nicht mehr persönlich kennenlernen? Wie müssen ihre Geschichten konserviert werden, um den wohl bekanntesten Appell Friedländers »Es darf nie wieder geschehen!« für alle Zeiten zu garantieren?
pflicht Nach der Generation der Zeitzeugen braucht es eine neue Generation, die die Geschichten von Überlebenden vor dem Vergessen rettet. Nämlich die der Zweitzeugen. So sieht es auch der gleichnamige Verein, in dem Friedländer noch aktiv ist. Überlebenden zuzuhören, ist unsere Pflicht.
Zuhören allein wird mit einer zunehmenden Bedrohung durch rechtsextreme Ideologien nicht mehr reichen, um unsere Demokratie zu erhalten. Wir müssen Zweitzeugen werden und Überlebenden die Erinnerungsarbeit abnehmen, die sie viel zu lange allein machen mussten. Wir müssen Stiftungen, Initiativen und jene unterstützen, die diese Arbeit tagtäglich leisten. Wir müssen schlichtweg noch mehr tun.
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