Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis Deutschland es sich erlauben kann, einem israelischen Ministerpräsidenten oder Außenminister, der die Bundesrepublik besuchen möchte, die Tür zu verschließen, aber die Europäische Union teilt nicht die deutsche institutionelle Schuld, und das ist gut so.
Am vergangenen Montag hat die Europäische Union eine alles andere als diplomatische Entscheidung getroffen und beschloss, den diplomatischen Empfang des Europatags in Israel abzusagen, um dem Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, keine Plattform zu bieten. Einige werden die Entscheidung feiern, den Minister zu boykottieren, den selbst die israelischen Streitkräfte wegen seiner Unterstützung einer jüdischen Terrororganisation nicht in ihre Reihen aufnehmen wollten, andere werden sie kritisieren und der Europäischen Union Doppelmoral vorwerfen, aber die Wahrheit ist, dass die Europäische Union das Rad nicht erfunden hat.
Die Vereinigten Staaten, Israels treuer Verbündeter, haben dies schon früher getan. Im März, nach dem er dazu gerufen hat, das arabische Dorf Huwara auszulöschen, besuchte Israels Wirtschaftsminister Bezalel Smotrich Washington und New York, aber kein amerikanischer Beamter erklärte sich bereit, sich mit ihm zu treffen.
Zwei Wochen später machte auch Präsident Joe Biden deutlich: Solange die sogenannte Justizreform auf dem Tisch ist, wird Premier Benjamin Netanjahu nicht ins Weiße Haus eingeladen. Wahre Freunde, zumindest diejenigen, die nicht für die Ermordung von sechs Millionen Juden verantwortlich waren, dürfen und müssen sogar Stellung beziehen, wenn Israel in Gefahr ist.
Diesmal kommt die Gefahr von innen. Seit fast 20 Wochen gehen hunderttausende Israelis auf die Straße, um für die Demokratie zu kämpfen. Manchmal muss man einfach genau wissen, welches Israel man retten will. Polen und Ungarn haben sich schon entschieden, jetzt ist es Zeit, dass alle andere es auch tun.
Die Autorin ist Chefreporterin (TV) bei der »BILD«-Zeitung.