Wir kennen es eigentlich von AfD-Politikern: öffentlich mit einem Tabu brechen, nur um dann bei zu starkem Gegenwind wieder zurückzurudern. Doch nun hat sich Friedrich Merz offenbar ebenfalls eines solchen Manövers bedient. Im ZDF-Sommerinterview nahm der Vorsitzende der CDU eine kleine, aber entscheidende Korrektur an der Brandmauer zu den Rechtspopulisten vor, die eigentlich bedingungslos gelten sollte.
Auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD in ostdeutschen Kommunen angesprochen, sagte Merz: »Natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.« Das Verbot zur Zusammenarbeit mit den Blauen beziehe sich nur auf »gesetzgebende Körperschaften«.
kooperation Als Merz am nächsten Morgen auf Twitter beteuerte, auch auf kommunaler Ebene sei eine Kooperation beider Parteien ausgeschlossen, und behauptete, es »nie anders gesagt« zu haben, war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla frohlockte und sah schon »erste Steine aus der schwarz-grünen Brandmauer« fallen. Zahlreiche Unionsgrößen sahen sich gezwungen, genau diesem Gedanken eine Absage zu erteilen und ihrem Vorsitzenden zu widersprechen.
Auch die jüdische Gemeinschaft, insbesondere in Ostdeutschland, vertraute bisher darauf, dass die Brandmauer nach rechts steht.
Der ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans ging im »Stern« sogar so weit, die Eignung von Merz für das Bundeskanzleramt infrage zu stellen. Immer offener werden in der CDU Zweifel daran ausgesprochen, dass Merz der Richtige an ihrer Spitze ist. Es rumort bei den Christdemokraten.
Merz hat mit seinen widersprüchlichen Aussagen zur AfD jedoch nicht nur viele CDU-Mitglieder vor den Kopf gestoßen. Auch die jüdische Gemeinschaft, insbesondere in Ostdeutschland, vertraute bisher darauf, dass die Brandmauer nach rechts steht. »Vertrauen verliert man schnell, aber gewinnt man nur langsam wieder zurück«, auch das sagte Merz im Sommerinterview. Ob ihm das gelingen kann, ist fraglich.
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