Seit Beginn der Corona-Pandemie sind wir gezwungen, unsere Lebensweise umzustellen und anzupassen. Das Virus entstand wohl auf einem sogenannten »wet market«, wo Tiere beim Verkauf vor Ort geschlachtet werden. Wie bei anderen Virusepidemien der vergangenen Jahre – BSE, Vogel- und Schweinegrippe – zeigt sich auch jetzt wieder: Die Tatsache, dass der Mensch Fleisch in riesigen Mengen verzehrt, ist ein Brandbeschleuniger.
Werden wir also jetzt unser Verhalten ändern? Oder machen wir nach der Krise genauso weiter wie zuvor? Studien zeigen, in welchem Maße die Fleischproduktion zur Erderwärmung beiträgt. Wollen wir künftigen Generationen wirklich eine Welt hinterlassen, in der es zu warm zum Leben ist?
MITEINANDER Dieses Thema gehört zu jenen, die wir im neuen Jahr verstärkt in den Blick nehmen sollten. Denn das Judentum stellt uns immer wieder in ethischen Fragen des Miteinanders auf den Prüfstand. Das gilt auch im Hinblick auf lebende Tiere. So haben etwa am Schabbat nicht nur Menschen Anspruch auf einen Ruhetag, unser Vieh hat ihn auch.
Die Tora will, dass wir über unser Verhältnis zu Tieren nachdenken, dass wir ihnen gegenüber empathisch sind. Ich behaupte nicht, dass das Judentum uns dazu verpflichtet, Vegetarier oder Veganer zu werden.
Wollen wir künftigen Generationen wirklich eine Welt hinterlassen, in der es zu warm zum Leben ist?
Natürlich kann jeder genügend Bibelstellen zitieren, um seine individuellen Ansichten in Bezug auf das Thema Fleisch zu untermauern. Aber das Judentum ist eine Religion, die uns einlädt innezuhalten – insbesondere vor Jom Kippur.
ALLTAG Ja, wir lieben unsere Haustiere und zeigen ihnen das auch. Aber was ist mit den vielen anderen Tieren, die genauso intelligent sind und ebenfalls Schmerzen empfinden, die wir aber im wahrsten Sinne des Wortes nur zum Fressen gern haben? Fragen wir uns dann nicht mehr, wie die glücklichen Kühe und die Hühner, die in der Werbung und auf den Verpackungen abgebildet sind, tatsächlich leben?
Die Corona-Pandemie, diese historische Krise, sollte uns vor Augen führen, dass wir etwas ändern können und müssen – und zwar in unserem Alltagsverhalten. Auch wenn es nur vermeintliche Kleinigkeiten sind.
Die Autorin arbeitet bei »BINA: The Jewish Movement for Social Change«.