Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – dieser Eindruck entsteht unweigerlich, wenn man sich Horst Seehofers neuesten Vorstoß genauer ansieht. Denn der Innenminister ließ dieser Tage wissen, dass man gedenke, die Vereinbarkeit von Parteimitgliedschaften und Beamtenstatus unter die Lupe zu nehmen. Eigentlicher Anlass war die Einstufung der AfD als »Prüffall« durch den Verfassungsschutz, wobei explizit der rechtsnationale Flügel sowie die Nachwuchsorganisation »Junge Alternative« als »Verdachtsfälle« genannt wurden.
Die Idee ist nicht neu. In den 70er-Jahren bereits gab es den umstrittenen Radikalenerlass, der dafür sorgen sollte, dass vor allem Kommunisten nicht Postboten, Lokführer oder Lehrer werden konnten. Das führte zu unzähligen Streitigkeiten vor Gericht. Seither wissen Beamte: Betätigen sie sich politisch, unterliegen sie dem Mäßigungsgebot. Das gilt auch für die Staatsdiener in den Reihen der rund 35.000 AfD-Parteimitglieder.
Sollen die »gemäßigten«
AfDler koalitionsfähig
gemacht werden?
MACHTÜBERNAHME Doch wie will man zwischen »gemäßigten« und »radikalen« AfDlern unterscheiden? Gehörten der Bundespolizist und der Zöllner, die 2017 in einer WhatsApp-Gruppe der AfD Sachsen-Anhalt über Säuberungsaktionen gegen Journalisten für die Zeit nach der »Machtübernahme« diskutiert hatten, nun dem völkischen Flügel um Björn Höcke – übrigens verbeamteter Lehrer, wenn auch beurlaubt – an? Oder waren sie nicht doch ganz normale AfDler, die ihren Gewaltfantasien freien Lauf ließen? Den Gerichten dürfte also eine Flut an Prozessen drohen. Sie müssten im Einzelfall entscheiden, wer gegen das Mäßigungsverbot verstößt und wer nicht.
Doch ein Verdacht kommt auf: Wenn es »böse« AfDler gibt, müssen ja auch ein paar »gute« da sein. Und dient dieser Stresstest nicht womöglich dem Zweck, diesen für den Fall einer Koalition in Brandenburg oder Sachsen eine Art Koscherstempel zu verpassen?
Der Autor ist Historiker und Journalist.