Was haben Benjamin Blümchen und Gabor Steingart gemeinsam? Beide verstehen sich auf das große Törööö. Steingart, Gründer von »Media Pioneer«, hat die Spielregeln der Aufmerksamkeitsökonomie verinnerlicht, wie kaum ein anderer Journalist in Deutschland.
Mit seinem »Redaktionsschiff«, der »Pioneer One«, tuckert er jeden Tag auf der Spree auf und ab, vorbei an Kanzleramt und Bundestag. In seinem »Morning Briefing«, einem Newsletter, schwingt er sich zum Erklärer und Intimus der Berliner Republik auf. Nirgendwo sollen Leser über den politischen Betrieb so gut informiert werden wie bei Käptʼn Steingart.
»Vernichtungsfeldzug gegen die Palästinenser«
In einem dieser Newsletter hat Gabor Steingart Israel vor Kurzem vorgeworfen, einen »Vernichtungsfeldzug gegen die Palästinenser« zu führen. CDU-Chef Friedrich Merz, der zu einem Solidaritätsbesuch nach Israel aufgebrochen war, stehe »auf der falschen Seite der Gegenwartsgeschichte«. Eine These, die so marktschreierisch wie ignorant ist.
Denn es ist das ausschließliche Ziel der israelischen Regierung, die Hamas im Gazastreifen zu zerstören und die mehr als 130 Geiseln aus der Gewalt der Terroristen zu befreien. Gleichzeitig unternimmt die israelische Armee zahlreiche Maßnahmen, um Zivilisten vor dem Tod zu schützen: seien es Warnungen vor Bombardierungen, Aufrufe zur Evakuierung oder die Errichtung von Fluchtkorridoren.
Es lässt sich darüber streiten, ob das reicht, aber für einen »Vernichtungsfeldzug« müsste sich Israel diese Mühe nicht machen. Das sind Fakten, die sich mit drei Mausklicks recherchieren lassen. Man muss es nur wollen. Doch es gibt Journalisten, die ernsthaft an Geschichten interessiert sind, und solche, die einfach nur ihren Namen gern in der Zeitung lesen wollen. Gabor Steingart scheint zu Letzteren zu gehören.
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