Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat klargestellt, dass die Verwendung von Hakenkreuzen und anderen NS-Symbolen im Zusammenhang mit Kritik an Israel strafbar und nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Ein Coburger Stadtrat mit türkischen Wurzeln hatte während des Gaza-Konfliktes im Mai 2021 auf Instagram eine Karikatur gepostet. Auf ihr ist ein bewaffneter, als Israeli kenntlich gemachter Soldat zu sehen, der in einen Spiegel schaut und dort einen Soldaten mit Hakenkreuzbinde sieht.
Das Strafgesetzbuch stellt das Zeigen und das Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe. Ausnahmen sind aber erlaubt – zum Beispiel dann, wenn Symbole wie das Hakenkreuz zum Zwecke der Kritik am Nationalsozialismus verwendet werden. Das Landgericht Coburg sah dies im vorliegenden Fall als gegeben an und sprach den Stadtrat in zweiter Instanz frei.
hetzschriften Doch das BayObLG kam in der von der Generalstaatsanwaltschaft München angestrengten Revision zum gegenteiligen Ergebnis: Die Karikatur sei sowohl wegen ihrer Gestaltung als auch wegen ihrer inhaltlichen Aussage geeignet, beim Betrachter den Eindruck einer antisemitischen Intention zu erwecken. Schon die Darstellung des israelischen Soldaten lasse für sich genommen Parallelen zu antisemitisch geprägten Abbildungen in Hetzschriften wie dem NS-Wochenblatt »Der Stürmer« erkennen, urteilte das Gericht.
Das Strafgesetzbuch stellt das Zeigen und das Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe. Ausnahmen sind aber erlaubt.
Überdies stelle die »Gleichsetzung des Verhaltens staatlicher Organe in Israel mit Vorgängen in deutschen Konzentrationslagern während der NS-Zeit« eine »grobe Verzerrung der geschichtlichen Fakten« sowie eine »Verharmlosung der Schoa« dar, so die Richter. Es werde so der Anschein einer »antisemitischen Grundhaltung des Verwenders der Karikatur« angedeutet. Folglich könne von einer Distanzierung zum NS-Regime nicht mehr die Rede sein.
Der Richterspruch könnte wegweisend sein. Nicht nur droht dem Stadtratsmitglied nun doch eine Geldstrafe. Wichtiger noch: Falls das Urteil von der Justiz konsequent angewandt wird, sollte es künftig »Israelkritikern« in Deutschland schwerer fallen, in infamer Weise den demokratischen jüdischen Staat mit dem judenmordenden NS-Regime gleichzusetzen. Das wäre ein wichtiger Fortschritt im Kampf gegen den Antisemitismus.
thaidigsmann@juedische-allgemeine.de