Seit vielen Jahren wird davor gewarnt, dass es No-Go-Areas für Jüdinnen und Juden in Berlin geben soll. So hat Rabbiner Daniel Alter, mein Vorgänger als Beauftragter gegen Antisemitismus der Jüdischen Gemeinde vor elf Jahren gesagt: »In der Bundeshauptstadt gebe es bereits No-Go-Areas für öffentlich erkennbare Juden. Das seien zum Beispiel Teile von Wedding und Neukölln mit einem hohen Anteil von arabischen und türkischen Migranten.«
Seine Hinweise, wie auch die vieler anderer Juden, wurden von Verantwortlichen dieser Stadt entweder als individuelles Befinden bagatellisiert oder gar grundsätzlich geleugnet.
Hinweise auf Misogynie, LGBTIQ-Feindlichkeit und Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft wurden bislang in der Regel als Rassismus oder Diskriminierung abgetan. Dabei trägt es nicht zur Lösung von Problemen bei, wenn man diese unter den Teppich kehrt.
Nun räumt mit Polizeipräsidentin Barbara Slowik, deren gute Arbeit ich sehr schätze, zum ersten Mal eine Repräsentantin des Landes Berlin ein, dass es für Juden in manchen Gegenden Probleme gibt und sie benennt die Urheber: arabischstämmige Menschen.
Allerdings ist es das falsche Signal, die Angegriffenen zur Vorsicht zu mahnen. Vielmehr sollte man sich an Golda Meir ein Beispiel nehmen: Als einst im israelischen Kabinett angesichts der Gewalt gegen Frauen vorgeschlagen wurde, diese mit Ausgangssperre zu belegen, sprach sie sich vehement dagegen aus und sagte: »Aber es sind die Männer, die die Frauen angreifen. Wenn es eine Ausgangssperre geben soll, sollen die Männer zu Hause bleiben, nicht die Frauen.«
Erkenntnis eines Problems ist der erste Schritt zu dessen Lösung. Doch dabei darf man es nicht belassen.
Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.