Sabine Brandes

Seder: Alte Symbole, neue Bedeutung

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Sabine Brandes

Seder: Alte Symbole, neue Bedeutung

Am Pessachabend haben alle Speisen einen tieferen Sinn. Für Israel kann man in diesem Jahr Mazze, Knochen und Charosset noch einmal ganz neu interpretieren

von Sabine Brandes  05.04.2023 11:53 Uhr

Symbolträchtig war der Sederabend schon immer. Jede Speise, jede Handlung wiegt schwer von den Tausenden Jahren der Geschichte des jüdischen Volkes.

Bitteres Kraut für die harte Zeit der Sklaverei, Salzwasser für die vergossenen Tränen. Tropfen von Rotwein zeigen das Leid der Ägypter, ein Lammknochen die Opfer, die die Menschen bringen mussten. Über allem prangt an Pessach das Konzept der Freiheit. »Einst waren wir Knechte des Pharaos in Ägypten«, lesen wir in der Haggada, »doch heute sind wir freie Frauen und Männer.«

geschichte Das Pessachfest in Israel wird natürlich auch in diesem Jahr im Zeichen der Geschichte stehen. Sie ist der Kleber, der das Volk zusammenhält. Und doch wird bei den Sederabenden, ob in Jerusalem, Tel Aviv, Kirjat Schmona oder Efrat, ganz sicher Brandaktuelles serviert.

Die Petersilie könnte nach wie vor für eine blühende Gesellschaft und einen frischen Beginn stehen.

Das Land steht vor einer Zerreißprobe. Viele bezeichnen sie als die größte Herausforderung seit der Gründung des Staates. Es geht um die Justizsystemreform, die die rechteste und religiöseste Regierung aller Zeiten in Jerusalem in Gang gesetzt hat. Nach wochenlangen massiven Protesten erklärte sich die Koalition bereit, sie vorerst zu stoppen, um mit der Opposition zu debattieren und einen breiten Konsens zu finden.

Gesellschaft In diesem Sinne könnte die zweigeteilte Mazze den Bruch in der Gesellschaft symbolisieren und das süße Charosset nicht der Mörtel sein, den die Israeliten in Ägypten für den Pyramidenbau benutzten, sondern der Leim, der den tiefen Riss klebt und das jüdische Volk eint.

Der Knochen als Opfergabe ist das perfekte Zeichen dafür, dass alle Seiten etwas geben müssen, um einen Kompromiss zu erreichen. Und die Petersilie könnte nach wie vor für eine blühende Gesellschaft und einen frischen Beginn stehen – einen mit einer schriftlichen Verfassung, die alle Teile der Gesellschaft einbezieht.

Ganz im Sinne der Unabhängigkeitserklärung: »Lehiot chofschi b’artzeinu« – »Frei zu sein in unserem Land«.

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen und lebt in Tel Aviv.

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