Lukas Welz

Schoa-Überlebende: Aufmerksamkeit jetzt

Lukas Welz Foto: © Gregor Zielke

Solidarität und Fürsorge zeigen sich in dieser Krise durch Abstand und Abschirmung, insbesondere für die besonders Verletzlichen: die alten Menschen. Auch wenn es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine gesicherten Erkenntnisse über die psychologischen Auswirkungen der sozial einschränkenden Corona-Maßnahmen gibt, so wissen wir doch aus ähnlichen Situationen, dass eigene Ängste und gesellschaftliche Ausnahmezustände wirkmächtige Auslöser für mehrfache Extremtraumatisierungen und Erinnerungen an die Verfolgung sein können – gerade bei Schoa-Überlebenden.

Die Hilfsorganisation AMCHA musste ihre Aktivitäten weitestgehend einstellen: keine therapeutischen und sozialen Stunden mehr in den 15 Zentren – für viele Überlebende ein »zweites Zuhause«, das ihnen einen sicheren Raum bot –, zu Hause, in Altersheimen oder Hospizen. Die seit vielen Jahrzehnten mit großem Engagement geleistete psychosoziale Hilfe ist nun erstmals weitgehend zum Stillstand gekommen.

Psychosoziale Betreuung zählt nicht zur dringend notwendigen Grundversorgung.

Denn psychosoziale Betreuung zählt nicht zur dringend notwendigen Grundversorgung, und die Überlebenden selbst haben Angst und meiden Kontakt nach außen. Auch Angehörige sind betroffen von der Angst, ihre Eltern oder Großeltern zu besuchen, um nicht für eine mögliche Infektion verantwortlich zu sein. Hilflosigkeit und ausbleibende Unterstützung verstärken jedoch die psychologische Krise – bei den Überlebenden wie ihren Nachkommen.

FÜRSORGE Die Zentren bleiben geöffnet, um ein Zeichen der Fürsorge zu senden. Zugleich werden neue Wege der telefonischen und online-basierten Seelsorge, Therapie und Unterstützung auf Distanz versucht. Ziel ist es, auch in der Notsituation die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Denn die Therapeuten sind oft die einzigen Bezugspersonen vieler schwer traumatisierter Überlebender.

In dieser Krise auch Chancen zu sehen, fällt angesichts dieser dramatischen Situation schwer. Die Überlebenden sind da. Sie benötigen unsere Aufmerksamkeit, unsere Solidarität und unseren Schutz. Gerade jetzt.

Der Autor ist Vorsitzender von AMCHA Deutschland.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025