Als ob Israel nicht schon genug Probleme hätte, findet sich offenbar immer noch jemand, der es schafft, dem guten Ruf des jüdischen Staats weiteren Schaden zuzufügen. Israels Minister für die innere Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ist so einer. Obwohl sein Image nicht erst seit dem Versagen der Sicherheitsbehörden am 7. Oktober gründlich ramponiert ist, gießt er immer mehr Öl ins Feuer.
Ben-Gvirs erneuter Besuch auf dem Tempelberg vor einigen Wochen wurde von Israels Oberrabbinern, von Mitgliedern der Regierung und den wichtigsten chassidischen Medien im Land heftig kritisiert, und zwar zu Recht! Denn jeder weiß, dass laut der Halacha Juden das Beten auf dem Tempelberg strengstens untersagt ist. Doch das kümmert einen Ben-Gvir nicht sonderlich. Lieber provoziert er und heizt die Situation weiter an, um bei seinen Anhängern zu punkten.
Angesichts der aktuellen Ausrichtung der israelischen Regierung können wir nicht länger schweigen.
War nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel die internationale Solidarität mit Israel noch halbwegs ausgeprägt, so haben einige Minister der Regierung mit genau solchen Aktionen diese Unterstützung mutwillig verspielt. Immer mehr westliche Staaten überdenken ihre Haltung gegenüber Israel. Selbst die dringend benötigte Förderung jüdischen Lebens sowie der Kampf gegen Antisemitismus und islamistischen Extremismus durch die Politik leiden darunter.
So tragen Ben-Gvir und seine Mitstreiter maßgeblich zur wachsenden Unsicherheit unter europäischen Juden bei. Denn wie sollen sie Israel gegen die zunehmend schärfer werdende Kritik vor allem seitens linker Politiker verteidigen, wenn dort Rechtsextremisten an den Schalthebeln der Macht sitzen?
Angesichts der aktuellen Ausrichtung der israelischen Regierung können wir nicht länger schweigen. Auch Itamar Ben-Gvir ist eine Bedrohung jüdischen Lebens hier in Europa. Denn es wäre höchste Zeit, Brücken zu bauen und nicht Mauern. Die Verantwortlichen in Jerusalem sollten den Dialog mit den jüdischen Gemeinden suchen und nicht mit den Vertretern extrem rechter Parteien wie der AfD, der FPÖ oder dem Rassemblement National.
Der Autor ist Generalsekretär der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER).