Dieser Tage greift die Islamische Revolutionsgarde des Iran (IRGC) Ziele im Irak und in Pakistan an. Dass die IRGC nicht nur im Innern des Iran, sondern auch nach außen eine wesentliche Stütze des Regimes ist, ist hinlänglich bekannt.
Doch seit über einem Jahr versteckt sich das Auswärtige Amt hinter einem Wust von Ausreden, warum die Aufnahme der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) des Iran in der Europäischen Union rechtlich im Moment doch nicht möglich sei. Angeblich. Denn es wird bewusst und wiederholt die Unwahrheit gesagt, auch durch die Außenministerin Annalena Baerbock. Höchste Zeit also für eine juristische Bestandsaufnahme.
Rechtliche Grundlage für die Terrorlistung einer Organisation innerhalb der EU ist der Gemeinsame Standpunkt 931 aus dem Jahr 2001. Dieser besagt eindeutig, dass die Aufnahme von Ermittlungen oder die Strafverfolgung aufgrund einer terroristischen Handlung oder wegen des Versuchs, eine terroristische Handlung zu begehen, als Grundlage für eine Terrorlistung herangezogen werden können.
Nirgendwo im Standpunkt 931 findet sich ein Hinweis darauf, dass diese Ermittlungen oder Strafverfolgung in einem EU-Mitgliedstaat stattfinden müssen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da der Gemeinsame Standpunkt explizit als Reaktion auf den internationalen Terrorismus von al-Qaida verabschiedet wurde. Trotzdem behauptete die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, am 30. November 2022, dass Ermittlungen oder die Verurteilung in einem EU-Mitgliedstaat notwendig seien.
Der Europäische Gerichtshof hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass entsprechend dem Ziel der weltweiten Terrorismusbekämpfung auch Urteile aus rechtsstaatlichen Drittstaaten zulässig sind. Öffentlich eingeräumt wurde diese bedeutende Tatsache durch das Auswärtige Amt jedoch erst auf wiederholte Nachfrage.
Doch damit nicht genug: In Reaktion auf diese nun öffentlich dargelegte Rechtsgrundlage erstellte der Juristische Dienst des Rates der EU ein Gutachten zur Terrorlistung. Es legt die Voraussetzungen für eine EU-Terrorlistung korrekt dar und prüft anschließend zwei US-Urteile.
Für diese - und zwar nur für diese - beiden Urteile zieht das Gutachten die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für eine Terrorlistung in der EU nicht erfüllt seien. Weitere bestehende Entscheidungen gegen die IRGC wie beispielsweise aus Kanada wurden nicht geprüft. Wider besseres Wissen behauptete Außenministerin Baerbock dennoch, dass das Gutachten grundsätzlich zu dem Schluss käme, dass eine Terrorlistung in der EU momentan nicht möglich sei.
Diese Täuschung durch die Ministerin selbst lässt daran zweifeln, dass eine Terrorlistung vom Auswärtigen Amt tatsächlich gewollt ist. Wäre das der Fall, hätte man längst umfassend rechtskräftige internationale Urteile, aber auch Ermittlungen, wie die des Generalbundesanwalts im Fall des versuchten Anschlags auf die Synagoge in Bochum oder die der amerikanischen Justizbehörden zum Anschlagsversuch auf die Frauenrechtlerin Masih Alinejad prüfen lassen.
So kann man nur sagen: Die deutsche Außenministerin bleibt der Öffentlichkeit und dem Bundestag eine Erklärung schuldig.
Der Autor ist Bundestagsabgeordneter der CDU und war von 2014 bis 2021 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.