Wann Angela Merkel zuletzt derart viel Respekt entgegengebracht wurde wie am Anfang dieser Woche, lässt sich kaum beantworten. »Wir werden uns noch nach ihr sehnen«, titelt die »taz«, und die »Frankfurter Allgemeine« schreibt respektvoll, jetzt gehe es um das »Fell der Bärin«, das verteilt wird.
Gewiss hätte man die Frau, die noch drei Jahre lang Bundeskanzlerin bleiben will, auch kritisieren können, zumal nach den Verlusten bei der Hessen-Wahl. Doch die Anerkennung überwiegt.
staatsräson Zu Recht, schaut man sich etwa die von Sympathie getragene Haltung der Kanzlerin gegenüber der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland an. Oder wenn man an ihr Diktum von Israels Sicherheit als Teil deutscher Staatsräson denkt. Und es gilt auch für die Ernsthaftigkeit, mit der sich Angela Merkel der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit stellte und stellt.
Das ist bei deutschen Bundeskanzlern tatsächlich keine Selbstverständlichkeit, völlig unabhängig davon, ob diese von der CDU oder SPD gestellt wurden. Oft wurde pro-israelische Politik nur als taktische Volte verstanden, um machtpolitisch größeren Handlungsspielraum zu erheischen. Oder man wurde den Eindruck eines Ablasshandels nicht los, wenn es um »Wiedergutmachung« ging – mit dem primären Zweck, möglichst auch mit den Feinden Israels lukrative Geschäfte zu machen.
machtpolitik Angela Merkel ist von solch machiavellistischer Machtpolitik weiter entfernt als etwa Gerhard Schröder oder Helmut Kohl, als Helmut Schmidt oder Willy Brandt. Das alleine ist schon eine Leistung, für die der Begriff Respekt angemessen ist. Es sollte aber zugleich eine Vorgabe für den Nachfolger oder die Nachfolgerin sein.
Wenn wir jedoch nur erwarten können, dass man Angela Merkel künftig irgendwie vermissen wird, wäre das schlimm. Gewiss darf die Kanzlerin weiterhin kritisiert werden, die Politik darf neu ausgerichtet werden, aber: Hinter Merkels Haltung zu jüdischem Leben in Deutschland und Israel sowie zum Gedenken an die Schoa darf kein Nachfolger zurückfallen.