Es ist zu begrüßen, dass Gottesdienste vom Verbot für Veranstaltungen ausgenommen sind, das während des Teil-Lockdowns in der Corona-Krise für den gesamten Kulturbereich gilt. Allerdings bedeutet Religionsfreiheit in der Praxis nicht, dass jüdische Gottesdienste wie gewohnt stattfinden: In manchen Städten wurden Freitagabendgottesdienste abgesagt, andernorts die gemeinsamen Gebete seit dem ersten Lockdown gar nicht wiederaufgenommen.
Vor den Hohen Feiertagen haben sich Rabbinerinnen und Rabbiner wochenlang Gedanken darüber gemacht, wie sie so vielen Gemeindemitgliedern wie möglich eine Teilnahme an den Gebeten ermöglichen können.
gemeinschaft Wegen der Pandemie blieben viele Gebetsäle trotzdem so gut wie leer: Weil sie sich vor einer Infektion fürchten, haben zahlreiche Jüdinnen und Juden seit Monaten weder eine Synagoge noch ein Gemeindehaus besucht.
Und bei allem Respekt für »Zoom«-Gottesdienste und -Schiurim – nichts davon ersetzt einen menschlichen Kontakt oder ein seelsorgerisches Gespräch, das älteren und einsamen Menschen, aber auch Gemeindemitgliedern mit Familien in dieser Zeit so sehr fehlt. Außerdem gehen viele ohnehin weniger wegen des Gebets als wegen der Gemeinschaft in die Synagoge.
gottesdienst Manch einer fragt sich deshalb: Was macht eigentlich mein Rabbiner – jetzt, wo sein Gottesdienst kürzer geworden ist oder gar nicht mehr stattfindet? Warum ruft er mich nicht ein einziges Mal an und fragt, wie es mir geht? Falls die Gemeinde zu viele Mitglieder hat, um alle selbst anzurufen – warum organisieren der Rabbi oder der Kantor keine Telefonkette?
Anders als im ersten Lockdown sind die Schulen derzeit offen. Auch Rabbiner mit kleinen Kindern sollten Zeit finden, ihre Gemeinde zusammenzuhalten. Die Kirchen in Berlin haben ein kostenloses Corona-Seelsorgetelefon initiiert, das von 8 bis 24 Uhr besetzt ist. Was machen eigentlich unsere Rabbinerkonferenzen, um dafür zu sorgen, dass sich niemand alleingelassen fühlt? Rabbis, bitte melden!
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