Zwei Preise, beide mit BDS-Verbindungen. Der Nelly-Sachs-Preis in Dortmund sollte an Kamila Shamsie vergeben werden, die BDS unterstützt – im letzten Moment zurückgezogen. Der Kunstpreis in Aachen soll, Stand jetzt, an Walid Raad gehen, der nicht bestreitet, dass er BDS unterstützt. Man hält es wie der Dachdecker. Der macht, was er will, weil dem Blick der unten Stehenden entzogen.
AFFRONT Bloß: Wir schauen hin. Wer denkt, die Unterstützung von BDS durch Preisträger gehe ihn als Juror nichts an, irrt. Das ist ein Affront gegen die deutschen Juden. Weil BDS ein Vehikel ist, ihnen das Leben schwer zu machen, und das geschieht vor dem Hintergrund des Klischees Juden = Israel. Ja, Israel ist für Juden ein besonderes Land. Aber hier geht es um den Freifahrtschein für Hass auf deutsche Juden und gleichzeitig darum, uns zu Ausländern zu machen.
Wir sind schon so weit,
dass Unmut über Israel
schlicht jeden Juden trifft.
Zum ersten Phänomen: Ich hielt jüngst einen Vortrag über die Befindlichkeiten der Juden in Deutschland. Ich hätte auch über Astronomie sprechen können. Ich sprach als zweiter Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, aber man diskutierte im Anschluss nur über Israel. Das gipfelte im Ausruf eines offenbar BDS-verstrahlten Mannes, alle deutschen Juden müssten sich von der israelischen Besatzungspolitik distanzieren. Schweigen der Runde. Zivilcourage? Fehlanzeige.
NAHOST Wir sind schon so weit, dass Unmut über Israel schlicht jeden Juden trifft. Ganz in dem Sinne bin ich im November vom örtlichen Bundestagsabgeordneten der Grünen aufs Podium geladen: Frieden im Nahen Osten und Antisemitismus in Deutschland. Wieso das miteinander verquicken? Liegt der Ball schon auf dem Elfmeterpunkt für das saublöde Argument, Juden sollten sich wegen Israels Politik nicht über Antisemitismus wundern?
In BDS laufen diese Stränge zusammen: Man provoziert deutsche Juden, sich aus innenpolitischem Interesse zu wehren, um dann Israel-Lobbyismus zu unterstellen. Man reduziert das Judentum auf Israel und macht die deutschen Juden zu Ausländern. Deshalb sind solche Preisverleihungen ein feiger, weil auch noch indirekter Angriff auf Juden.
Der Autor ist Rechtsanwalt und im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Göttingen.