Frank Müller-Rosentritt

Pragmatismus statt Scheuklappen

Solange ideologische Schranken Europas Außenpolitik prägen, kommt die EU als Nahost-Vermittler nicht infrage

von Frank Müller-Rosentritt  05.11.2020 08:14 Uhr

Frank Müller-Rosentritt Foto: Chris Hartung

Solange ideologische Schranken Europas Außenpolitik prägen, kommt die EU als Nahost-Vermittler nicht infrage

von Frank Müller-Rosentritt  05.11.2020 08:14 Uhr

Die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain unter Vermittlung der USA ist historisch. Deutschland und die EU sind ihrem Selbstbild nach die bestimmenden Friedensmächte in der Region, doch inzwischen scheinen sie bei den großen Konflikten ins Hintertreffen zu geraten.

Dieser Verlust des Images als ehrlicher Vermittler begründet sich in ideologischen Schranken, die die deutsche und damit auch die europäische Außenpolitik nach wie vor prägen. Hier wird das eine gepredigt und das andere getan.

massnahmen Das zeigt sich nicht nur in Deutschlands Abstimmungsverhalten in der UN, sondern auch in EU-Entscheidungen. Während Waren, die in israelischen Siedlungen im Westjordanland hergestellt werden, laut EuGH gekennzeichnet werden müssen, gibt es keine vergleichbaren Maßnahmen, die Waren aus der besetzten Westsahara oder Nordzypern betreffen. Dafür ist weniger das Gericht zu kritisieren, als vielmehr die Kommission, deren Entschluss politisch motiviert war.

Es heißt oft, dass man sich für die eine oder die andere Seite zu entscheiden habe. Aber wer proisraelisch argumentiert, ist damit nicht antipalästinensisch. Und umgekehrt.

Ich wünsche mir, dass in Deutschland auch die palästinensischen Stimmen Gehör finden, die die Zivilgesellschaft und nicht den Antizionismus repräsentieren.

Ich wünsche mir, dass in Deutschland auch die palästinensischen Stimmen Gehör finden, die die Zivilgesellschaft und nicht den Antizionismus repräsentieren.

weltbild Denn auch diese Gesellschaft ist so viel mehr, doch wer PFLP- und Hamas-Terroristen oder BDS-Aktivisten einlädt, will nur das eigene Weltbild bestätigen, aber keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der komplexen Realität der israelischen oder palästinensischen Gesellschaft führen.

Wir sollten anfangen, darüber nachzudenken, wie wir die demokratischen Kräfte in den palästinensischen Gebieten, die die Korruption der eigenen Eliten nicht mehr ertragen und Frieden durch Wohlstand wollen, unterstützen können. Das wirkt aber wenig glaubhaft, wenn wir aus »morschen«, gestrigen Vorstellungen heraus an der Kooperation mit autoritären Regimen und Bewegungen festhalten.

Der Autor ist FDP-Politiker und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages.

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