Das Jewish Labour Movement (JLM), der traditionsreiche jüdische Flügel der britischen Arbeiterbewegung, hat jüngst beschlossen, in der Labour-Partei zu bleiben. Keine Selbstverständlichkeit, angesichts des Ausmaßes an Antisemitismus in der Partei.
Aber der Beschluss ist keine Liebeserklärung, eher die Ansage für einen nicht unbedingt aussichtslosen Kampf. Es gibt tatsächlich positive Anzeichen: 500 Labour-Mitglieder, die dem umstrittenen Vorsitzenden Jeremy Corbyn nahestehen, entschuldigten sich bei ihren jüdischen Genossen. Und Corbyn selbst sprach sogar von einer Antisemitismusplage, die niemand in der Partei ignorieren dürfe.
Der Beschluss, in Labour zu
bleiben, ist keine Liebeserklärung,
sondern eine Kampfansage
Aber tatsächlich bestreiten manche Labour-Mitglieder den Antisemitismus. Zu den lautesten gehört die Jewish Voice for Labour (JVL), die sogar die antiisraelische BDS-Bewegung unterstützt. Einige in der JVL versteigen sich zu der Behauptung, Antisemitismusvorwürfe seien bloß erfunden worden, um die Labourführung zu diskreditieren.
ANTIZIONISMUS Tatsächlich schmerzt die Debatte viele jüdische Mitglieder, war Labour doch immer die Partei des Antirassismus und der Gleichberechtigung, half Juden einst gegen die Faschisten und unterstützte den frühen Zionismus und Israel. Nach der Schoa und nach der Vertreibung der arabischen Juden ist dogmatischer Antizionismus, für den auch einige JVL-Mitglieder stehen, fast schon die Befürwortung eines künftigen Genozids.
Gegen Kritik an der fehlenden Perspektive einer gerechten Zukunft für die Palästinenser ist dagegen kaum etwas zu sagen. Die aber kommt weder durch Bagatellisierung von Antisemitismus noch durch den Boykott oder die Ablehnung Israels. Vielmehr heißt die Hoffnung weiter Jewish Labour Movement. Die bald 100 Jahre alte jüdische Arbeiterbewegung fordert eine sozial gerechtere Gesellschaft in Großbritannien, Israel und überall, genauso wie die Zweistaatenlösung. Indem sie Labour nicht verlässt, bleibt sie ihren Werten treu, ohne Kompromisse gegenüber dem Antisemitismus zu machen.
Der Autor ist freier Journalist und Korrespondent in London.