Rebecca Seidler

Niedersachsen: Taten statt Worte

Rebecca Seidler Foto: Kloepper

Die Sicherheit von Synagogen sei »wie bei einem Baumarkt« zu werten. Wie der Baumarktleiter für seinen Betrieb verantwortlich sei, müsse sich die Gemeinde selbst um die Sicherheit bemühen. Es gehe schließlich nur um das eigene Sicherheitsempfinden.

Diese Aussagen traf der mittlerweile suspendierte Polizist, drei Monate nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle, bei der Begehung der Synagoge in Hannover. Erst nach einer Beschwerde folgte ein zweites, konstruktives Treffen zur Erstellung des Sicherheitsgutachtens.

Diese Episode deutet an, welchen Problemen jüdische Gemeinden – abseits von Gedenkveranstaltungen und Betroffenheitsansprachen nach antisemitischen Taten – im Alltag ausgesetzt sind. Leider blieb es nicht dabei. Dass bis heute, fast ein Jahr nach Halle, keine Gelder zum Schutz der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen geflossen sind, ist dabei fast eine Randnotiz.

DEMO Seit der verschwörungsmythischen Rede desselben Polizisten vor Kurzem auf einer Demo gegen Corona-Maßnahmen ist die Irritation innerhalb der jüdischen Gemeinschaft groß.

Dabei wird das erstellte Gutachten von uns nicht inhaltlich angezweifelt. Es geht vielmehr darum, dass sensible Details unserer Gemeinden in den Händen eines Mannes liegen, der Deutschland in einer Diktatur wähnt und die Schoa relativiert.

Für uns sind viele Fragen offen.

Uns erreichen aktuell viele Zuschriften, die uns des Denunziantentums beschuldigen und uns vorwerfen, die Meinungsfreiheit zu gefährden, während der Polizeihauptkommissar in den sozialen Medien von rechten Kreisen massiv Zuspruch erhält.

netzwerke Für uns jedoch sind viele Fragen offen: In welchen rechten Netzwerken bewegt sich der Polizist? Sind weitere Kollegen und Kolleginnen der Sicherheitsbehörden involviert? Mit wem könnte der Polizist sein Wissen teilen?

Sicherheitsbehörden und Politik sind nun gefordert, den Vorfall aufzuarbeiten und das in Teilen beschädigte Vertrauen wiederherzustellen – durch Taten, nicht durch bloße Worte.

Die Autorin ist Antisemitismusbeauftragte des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen.

Kommentar

Shiri, mein Herz bricht für dich

Sarah Cohen-Fantl will nicht verzeihen, dass Shiri, Kfir und Ariel Bibas nicht gerettet wurden

von Sarah Cohen-Fantl  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Vieles, was der Berliner sagt, ist bedenklich nah dran an Hamas-Propaganda.

von Susanne Stephan  19.02.2025

Glosse

Ein Hoch auf die Israelkritik

Der »Spiegel« hat mit dem indischen Essayisten Pankaj Mishra ein »erhellendes« Interview zum Nahostkonflikt geführt

von Michael Thaidigsmann  18.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

Meinung

Was »Sensibilität« bei der Berlinale bedeutet

Das Film-Festival hat eigens FAQ zum Nahostkonflikt veröffentlicht und distanziert sich darin gleich von der Antisemitismus-Resolution des Bundestages

von Maria Ossowski  20.02.2025 Aktualisiert

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025