Nils Kottmann

Nicht einmal die halbe Wahrheit

Nils Kottmann Foto: Marco Limberg

Für die Dämonisierung eines Landes braucht es keine Lügen. Es reicht, wichtige Teile einer Geschichte auszulassen. Das zeigt der jüngste Tweet des Auswärtigen Amtes über Israel, der nicht einmal die halbe Wahrheit über den Krieg gegen die Hamas erzählt.

Am Dienstag flog die israelische Luftwaffe einen Angriff gegen einen Hamas-Terroristen, der an den Massakern vom 7. Oktober teilgenommen hatte. Der Mann hielt sich in der Nähe einer zum Flüchtlingslager umfunktionierten Schule auf. Mehrere Menschen starben bei dem Angriff, wie Videoaufnahmen zeigen. Die meisten von ihnen waren mutmaßlich unschuldige Zivilisten.

Einen Tag danach schrieb das Auswärtige Amt auf X: »Dass Menschen getötet werden, die in Schulen Schutz suchen, ist nicht hinnehmbar. Zivilisten, gerade auch Kinder, dürfen nicht zwischen die Fronten geraten. Die wiederholten Angriffe der israelischen Armee auf Schulen müssen aufhören und eine Untersuchung muss rasch kommen.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ohne Zweifel: Die israelische Armee muss alles Menschenmögliche tun, um zu verhindern, dass unschuldige Zivilisten sterben. Dass Fehler geschehen, hat etwa der Angriff auf Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen gezeigt.

Aber wer taucht in diesem Tweet nicht auf? Der Hamas-Terrorist. Dabei drängt sich die Frage auf, was der Mann inmitten unschuldiger Zivilisten zu suchen hatte. Hatte die Hamas in der Schule Waffen versteckt, wie in so vielen anderen Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern im Gazastreifen?

Die Realität des Krieges im Gazastreifen ist deutlich komplexer, als es der Tweet des Auswärtigen Amtes suggeriert. Es gibt kaum klare Fronten, zwischen die Zivilisten geraten könnten.

Die Terroristen mischen sich unter die Zivilbevölkerung. Sie tragen auf der Straße keine Uniform oder Waffen offen mit sich herum. Stattdessen laufen sie in Fußball-Trikots und Jogginghosen zum nächsten Waffendepot, beschießen aus Krankenhäusern und ja, auch aus Schulen israelische Soldaten. Unschuldige Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen, gehört zur Strategie der Hamas.

Es ist nicht Israels Schuld, dass es Schulen, Krankenhäuser oder Universitäten angreifen muss, sondern der Hamas, die dort Waffen, Munition und Terroristen verstecken. Dazu verliert das Auswärtige Amt kein Wort.

Zur Dämonisierung Israels gehört auch, Selbstverständlichkeiten zu fordern. Als das Auswärtige Amt auf eine rasche Untersuchung pochte, hatte das israelische Militär diese schon längst eingeleitet. Das ist langgeübte Praxis in der Armee eines demokratischen Rechtsstaates, wenn ihre Soldaten und Kommandeure einen Fehler gemacht haben. So zu tun, als müssten ausländische Diplomaten diese Standards noch einfordern, ist infam.

kottmann@juedische-allgemeine.de

Meinung

Die Schweizer Sozialdemokraten und ihr radikaler Mittelweg

Die SP versteckt sich hinter widersprüchlichen und israelkritischen Resolutionen

von Nicole Dreyfus  29.10.2024

Meinung

Problemfall UNRWA

Zu nahe an der Hamas – deshalb will Israel die Arbeit des Hilfswerks einschränken. Doch Alternativen zur Versorgung der Palästinenser fehlen

von Ralf Balke  29.10.2024

Meinung

Es geht um Anstand

Wer wie Aydan Özoguz Israel dämonisiert, darf in demokratischen Parteien keine Position haben

von Renée Röske  27.10.2024

Meinung

Diese UN braucht kein Mensch

Die UN sind hochpolitisch und verfügen über genauso wenig Gerechtigkeitssinn, wie die meisten ihrer Mitgliedstaaten. Die antiisraelische Agenda ist dabei der größte gemeinsame Nenner

von Joëlle Weil  26.10.2024

Joshua Schultheis

Netanjahu muss sein Schweigen brechen

Auf einer Konferenz forderten selbst Likud-Abgeordnete die Wiederbesiedlung von Gaza. Der Premier sollte endlich einschreiten

von Joshua Schultheis  23.10.2024

Meinung

Die Linke auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit

Wenn sie nicht gegen ihre Israelfeinde vorgeht, wird sie zur irrelevanten Splitterpartei

von Joshua Schultheis  22.10.2024

Essay

Warum Juden in Deutschland zur »Heimatfront« geworden sind

Unsere Gastautorin Esther Schapira über die kurze Erleichterung nach dem Tod Sinwars und den antisemitischen Dammbruch in der Bundesrepublik

von Esther Schapira  20.10.2024

Kommentar

Zeit für den Rücktritt, Aydan Özoguz!

Die Bundestagsvizepräsidentin hat sich für ihr hohes Amt ein für alle Mal als untauglich erwiesen. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  19.10.2024

Meinung

Beim Israelhass bleibt Sarah Wagenknecht sich treu

Die Partei der ehemaligen Linken-Politikerin ist auf stramm antizionistischem SED-Kurs

von Volker Beck  16.10.2024