Dass die Terroristen der Hamas für viel zu viele Menschen »Militante« oder sogar »Freiheitskämpfer« sind, ist nichts Neues. Und wenn vom »Geiselaustausch« zwischen Israel und der Hamas gesprochen wird, wundere ich mich auch nicht mehr. Ich ringe ebenso manchmal um Worte: Denn für die Schlächter der Hamas reicht der Begriff »Terrorist« nach dem 7. Oktober nicht mehr aus.
Die Schönredner in aller Welt haben ein neues »Beweismittel« gefunden, um der Hamas die Absolution zu erteilen: ihre Videos zur Befreiung der Geiseln. Betont charmant drapieren sich die Terroristen darin neben Geiseln, halten die Hände von Kindern und tragen ältere Frauen in die Jeeps des Roten Kreuzes. Sie geben sich human, ja kumpelhaft, und den Zivilisten sogar ein High Five mit auf den Weg in die Freiheit.
Maschinengewehre an den Schultern der Terroristen
Die Männer sprechen die Geiseln mit Namen an und weisen sie an, weiterzuwinken, während die Kolonne davonrollt. Es wird ja schließlich gefilmt. Dass Maya Regev einen Gips am Fuß hat, weil Terroristen ihr in den Fuß schossen, als sie auf einer Party tanzte, dort junge Frauen vergewaltigten, Menschen jagten und abknallten, soll dem freundlichen Abschied keinen Abbruch tun. Auch nicht, dass Mayas Bruder Itay eine Geisel bleibt. Die 21-Jährige sagt leise »Shukran«, als die netten Massenmörder ihr in den Wagen helfen. Riesengroße Maschinengewehre hängen währenddessen an den Schultern der Männer.
Ich kann die perverse Anziehungskraft dieser manipulativen Videos in gewisser Weise sogar verstehen. Wir wünschen uns schließlich alle eine heile Welt. Eine, in der die Bösen in ihrem tiefsten Innern doch gut sind und nicht etwa Babys bei lebendigem Leib verbrennen oder ganze Familien in dunklen Tunneln einsperren.
Sie haben recht, liebe Apologeten: Auch die Männer der Hamas können freundlich sein. Und mit dem nettesten Lächeln der Welt ihren Opfern den Kopf abschlagen.
Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.