Antisemitismus ist Konzert- und Kunstmanagern offenbar häufig egal. Mehr als deutlich wurde das im vergangenen Jahr auf der Kunstausstellung documenta – und nun erneut im Umgang mit Roger Waters. Gegen die Auftritte des Musikers hat es bereits vor Jahren Proteste gegeben. Dennoch verbreitet er fortwährend antisemitische Narrative. So auch am vergangenen Wochenende im Gespräch mit dem Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, im Magazin »Der Spiegel«.
Warum hat es Mendel in diesem Gespräch versäumt, Waters als das zu bezeichnen, was er ist: ein Antisemit? Da durch das Gespräch keine Änderung von Waters‹ menschenverachtender Haltung zu erwarten war, kann dieses wohl nur einem Zweck gedient haben: Der ehemalige Pink-Floyd-Gitarrist bekommt von einem Juden den Koscher-Stempel verpasst. Mendel legitimiert damit, wie auch schon bei der documenta, Antisemitismus.
volksverhetzung In einem weiteren, kürzlich veröffentlichten Interview mit der »Frankfurter Neuen Presse« sagt Mendel über Judenhass: »Die Grenze ist die Volksverhetzung. Im Übrigen müssen wir lernen, mit antisemitischer Kunst umzugehen.« Logisch weitergedacht müsste er dann auch sagen: »Schwarze Menschen müssen lernen, mit rassistischer Kunst umzugehen.«
Warum hat es Meron Mendel in dem Gespräch versäumt, Waters als das zu bezeichnen, was er ist: ein Antisemit?
Nein! Keiner muss das! Denn es handelt sich nicht um eine juristische, sondern um eine gesellschaftliche Frage. Will man in einer Umgebung leben, in der Hass und Hetze zum Alltag gehören? Wenn man das nicht will, dann müssen auch die Veranstaltungsräume und -hallen in Deutschland dem Hass verschlossen bleiben. Am besten schon von Anfang an, gegebenenfalls aber auch durch eine Absage.
Im Leitbild der Bildungsstätte Anne Frank steht unter anderem: »Kultureinrichtungen erhalten bei uns professionelle Begleitung und Unterstützung im Umgang mit (…) Menschenfeindlichkeit.« In diesem Sinne sollte man Konzertveranstalter, die mit Waters Auftritte geplant haben, besser bei einer Ausladung unterstützen, statt diese auch noch zu konterkarieren.
Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.