Michael Thaidigsmann

Medien: Ein neuer Blick auf Israel

Michael Thaidigsmann Foto: privat

Der 7. Oktober 2023 war der dunkelste Tag in Israels 75-jähriger Geschichte. Das Land ist nicht mehr dasselbe wie zuvor. Ob das auch für die deutschen Medien und ihre Berichterstattung über Nahost gilt? Noch ist es zu früh, ein abschließendes Urteil zu fällen. Und doch kann man schon jetzt feststellen: Bei großen deutschen Medien hat sich etwas verändert. Plötzlich bezeichnet der »Spiegel« die Hamas als das, was sie laut Einstufung der Europäischen Union und auch Deutschlands bereits seit 20 Jahren offiziell ist: eine Terrororganisation.

Was hatte man sich der scheinbaren journalistischen Ausgewogenheit wegen geziert, Terroristen auch Terroristen zu nennen. Zumal die Killertruppe seit mehreren Jahrzehnten gezielt Zivilisten nicht nur in Israel, sondern auch in Gaza ins Visier nimmt. Doch urplötzlich folgt in Kommentaren auf den Satz »Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung« kein vielsagendes »Aber« mehr. Die Täter sind nicht in erster Linie israelische Juden, die Opfer nicht mehr automatisch »unschuldige palästinensische Zivilisten«.

Beschuss eines Krankenhauses im Gazastreifen

Schlagzeilen à la »Viele Tote bei israelischen Bombardements im Gazastreifen« gibt es zwar weiterhin, aber sie werden seltener. Die deutsche Nahost-Berichterstattung ist über Nacht deutlich ausgewogener geworden. Dass auch deutsche Medien nach dem Beschuss eines Krankenhauses im Gazastreifen durch den Islamischen Dschihad mit Verweis auf Hamas-Quellen von »israelischen Luftangriffen« mit »500 Toten« sprachen, ist bedauerlich. Aber es wurde wenigstens als Fehler eingeräumt.

Natürlich sind die üblichen »Israel-Kritiker«, die Benjamin Netanjahu als den eigentlichen Auslöser des Massakers ansehen, nicht verschwunden. Wer abstruse Argumente sucht, wird auch in deutschen Medien weiter fündig werden. So schrieb ein Journalist vor ein paar Tagen in der »taz«, Netanjahu habe 2017 aus taktischen Erwägungen einen angeblichen »Mäßigungsversuch« der Hamas als »Augenwischerei« abgetan. Dabei hatte die Terrororganisation damals lediglich erklärt, künftig »nicht mehr die Juden, sondern die Zionisten als Besatzer« bekämpfen zu wollen. Die Botschaft des Kommentators: Netanjahu trägt eine Mitverantwortung für die Taten der Hamas.

Es ließen sich weitere Beispiele finden für die deutsche Eigenart, den Fehler immer auch bei den Opfern zu suchen. Man sollte trotzdem anerkennen, dass sich etwas verbessert hat. Traurig ist nur, dass es dafür eines solchen Ereignisses bedurfte.

Der Autor ist Korrespondent der Jüdischen Allgemeinen in Brüssel.

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