Es ist zurzeit nicht nur im jüdischen Berlin das zentrale Thema: Einem Bericht der Jewish Telegraphic Agency (JTA) zufolge erheben mehrere Frauen gegen einen Rabbiner in der Hauptstadt Vorwürfe wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe.
Ich selbst habe in jüngster Zeit mit einigen betroffenen Frauen Kontakt aufgenommen und mir von ihnen aus erster Hand ihr Schicksal erzählen zu lassen. Und um es ganz klar zu sagen: Die geschilderten Ereignisse gehören mit zu dem Schlimmsten, was einem passieren kann.
Was die jungen Frauen schildern, ist grausam. »Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung« - diese Vorwürfe stehen nun wieder im Raum.
Gleichzeitig gehört das, was die Frauen schildern, sofern es sich bewahrheiten sollte, zu dem Schlimmsten, was ein Mensch in einer rabbinischen Position anrichten kann. Der Beschuldigte lässt über seinen Rechtsanwalt mitteilen, ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten sei bereits vor Jahren rechtskräftig eingestellt worden, ein strafrechtlich relevantes Verhalten habe diesem nicht nachgewiesen werden können.
Die Halacha, das Gesetz in Deutschland und jede moralische sowie ethische Richtschnur verbieten es, verwundbare Frauen ausnutzen. Genau das aber soll der von den Frauen Beschuldigte getan haben. Was die betreffenden jungen Frauen schildern, ist grausam. »Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung« - diese Vorwürfe stehen nun wieder im Raum.
Die Schilderungen der Frauen waren äußerst glaubwürdig. Ihre Berichte gehen mir immer noch unter die Haut. Sehr sogar.
Sollte sich herausstellen, dass die Vorwürfe zutreffen, hätte der betreffende Rabbiner massive Schuld auf sich geladen, ganz gleich, ob sich die Anschuldigungen – manche Vorfälle sollen sich bereits vor mehreren Jahren zugetragen haben – tatsächlich noch im strafrechtlichen Sinne nachweisen lassen oder nicht, verfolgbar sein oder nicht.
Wie bei vielen sogenannten Me-too-Fällen steht Wort gegen Wort. Doch warum sollten gleich mehrere Frauen sich etwas ausdenken? Wie gesagt, ich habe mit einigen Frauen gesprochen, es waren äußerst glaubwürdige Schilderungen, die mir immer noch unter die Haut gehen. Sehr sogar.
Wie sollten wir als jüdische Gemeinschaft nun und künftig mit mutmaßlichem (sexuellen) Machtmissbrauch durch Rabbiner vorgehen? Die Antwort ist: mit maximaler Transparenz. Und mit maximaler Anteilnahme sowie Unterstützung der möglichen Opfer. Wir sind es den Betroffenen schuldig – halachisch, juristisch und menschlich erst recht.
Der Autor ist Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands (ORD).
Anmerkung der Redaktion: Die Stellungnahme des Rechtsanwalts des beschuldigten Rabbiners konnte in der Printfassung dieses Kommentars nicht berücksichtigt werden, da sie erst nach Druck der Zeitung einging.