Es war dieses Jahr zu Weihnachten schwer en vogue: die »Heilige Familie« vor der Kulisse einer zerbombten Straße in Gaza. Auf Banksy-Fanseiten und an deutschen Kirchen konnte man dieses Motiv entdecken. Vor dem Dom in Worms sah das konkret so aus: Auf einer Leinwand sieht man ein durch Bomben zerstörtes Dorf, eine palästinensische Familie, die offensichtlich ihr Zuhause verloren hat, und davor drapiert steht die »Heilige Familie« aus Metall, ebenfalls ohne Obdach.
Durch diese Verbindung solle deutlich werden, dass es nicht darum gehe, Partei für die eine oder andere Seite in diesem Konflikt zu ergreifen, schreibt die Wormser Zeitung und zitiert Probst Tobias Schäfer: »Gott ergreift Partei, und zwar für alle Menschen, die leiden müssen, ganz gleich aus welchem Grund, welcher Nationalität und Religion. Leid ist nicht teilbar, ebenso wenig wie die Sehnsucht nach Frieden.«
Das klingt so warm, wohlig und weich wie ein Badeschwamm. Und ist auch genauso glitschig. Denn Frieden ohne Wahrheit und Gerechtigkeit ist nicht mal ein frommer Wunsch, sondern ein rosa Kleister, mit dem man die Realität zutünchen kann.
Solche Friedens-Ideologien dienen nur dem eigenen Wohlgefühl, und nicht den Menschen vor Ort. Zur Wahrheit gehört nämlich, dass die »Heilige Familie« - eine jüdische Familie(!) - bei den derzeitigen Machtverhältnissen in Gaza nicht mal in einem Stall überleben könnte.
Maria würde man vermutlich das Kind wegnehmen und sie vergewaltigen; Josef wäre günstigstenfalls in einen Hamastunnel verschleppt worden. Das ist die Realität. Eine solche Installation findet man aber vor keiner
Kirche. Würde ja auch das Friede-Freude-Eierkuchen-Feeling enorm irritieren und das offenbar ewig gefühlte Bild der Juden als Gottesmörder stören.
Am Schlimmsten aber ist, dass derlei romantische Verklärung auch auf Kosten der Kinder in Gaza geht, die ja nun wirklich leiden. Und die es verdient haben irgendwann in einem stabilen demokratischen Land aufzuwachsen- und nicht in einer Gesellschaft, wo es für Kinder angepasste Sprengstoffgürtel in Waffenlagern gibt, die man zwischen Schulen, Moscheen und Krankenhäusern platziert.