In unserer Gemeinde spiegelt sich in beinahe jeder Hinsicht die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft wider: Verheiratete und Ledige, Angestellte und Freiberufler, Rentner und Schüler, Männer und Frauen, sogar einen Strafgefangenen hatten wir bis vor Kurzem. Bis auf die typischen Besonderheiten jüdischer Gemeinden sind wir ein Spiegel der Gesellschaft.
Wie sollte es auch anders sein? Das gilt auch fürs Impfen. So sind bei uns auch etwa zwei Drittel der (erwachsenen) Gemeindemitglieder gegen Corona geimpft. Wenn da nur nicht dieses dritte Drittel wäre …
PIKUACH NEFESCH Wie sagte der Bundespräsident? »Wir könnten schon so viel weiter sein.« Wohl wahr. Vor einem knappen Jahr begannen die Impfungen, aber ein Drittel verweigert sich unter Absingen fragwürdiger Argumente.
Fest steht, dass Geimpfte die Pandemie weniger stark weiterverbreiten. Fest steht auch, dass Geimpfte erstens weitaus seltener und zweitens weitaus schwächer krank werden. Neun von zehn Corona-Patienten auf den Intensivstationen sind ungeimpfte Patienten.
Pikuach Nefesch, die Rettung von Leben, fordert die Halacha als oberstes Gebot – vor dem andere Gebote zu weichen haben. Worauf warten wir noch? Lasst uns unsere Gemeindemitglieder schützen! Meiden wir Ansammlungen, lassen wir Vorsicht walten, lassen wir uns impfen. Es hilft.
LOTTERIE Lasst uns Haschem nicht als jemanden sehen, der Erkrankung oder Nichterkrankung wie bei einer Lotterie unter den Menschen verteilt, sondern als den, der uns stets auffordert, nicht nur Seine Gebote und die Gesetze des Landes zu achten, sondern auch, das Unsrige zu tun, um unser Leben gut, richtig und verantwortungsvoll zu gestalten.
Wir werden wohl auch nächstes Jahr noch unsere Feste feiern. Aber nur mit denen, die dann noch da sind.
In vielen Gemeinden wurden alle Veranstaltungen ausgesetzt. Gerade auch zu Chanukka war das den Kindern gegenüber schwer, und sicher gab es keine Gemeinde, wo das nicht bedauert wurde.
Wo der Schritt noch schwerfällt, sei gesagt: Wir werden wohl auch nächstes Jahr noch unsere Feste feiern. Aber nur mit denen, die dann noch da sind. Ist das ein brutaler Satz? Ja, das ist er. Aber er ist leider ebenso wahr. Nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung sollen wir durch unser Handeln sein.
Der Autor ist Geschäftsführer der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg.