Philipp Peyman Engel

Kulturrabatt bei Antisemitismus?

Die politische Linke übertrifft sich an Gedenktagen mit »Nie wieder!«-Versprechen. Lupenreiner Judenhass aus dem »Globalen Süden« wird trotzdem konsequent ignoriert

von Philipp Peyman Engel  16.02.2023 06:28 Uhr

Philipp Peyman Engel Foto: Marco Limberg

Die politische Linke übertrifft sich an Gedenktagen mit »Nie wieder!«-Versprechen. Lupenreiner Judenhass aus dem »Globalen Süden« wird trotzdem konsequent ignoriert

von Philipp Peyman Engel  16.02.2023 06:28 Uhr

Politiker äußern sich zu vielen Themen. Manchmal ist es aber bezeichnender, zu welchen Themen sie schweigen. Beim israelbezogenen Antisemitismus gilt das umso mehr.

Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) im Interview mit dieser Zeitung markig betonte: »Ich lehne den BDS sehr klar ab.« Israelhass im Kulturbetrieb müsse engagiert entgegengetreten werden. Ähnliche Zitate sind von Berlins Noch-Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und seinen Koalitionspartnern von SPD und Grünen überliefert, die sich jüngst am 27. Januar im alljährlichen Überbietungswettbewerb an wohlfeilen »Nie wieder«-Versprechen nicht viel geschenkt haben.

nie-wieder-versprechen Doch wie sieht es aus, wenn in Berlins Kulturszene tatsächlich Antisemitismus an den Tag gelegt wird? Die Antwort ist ebenso vielsagend wie beschämend: Die Nie-wieder-Beschwörungen der genannten Politiker verhallen dann prompt. Und schlimmer noch: Wer sich antisemitisch äußert, wird sogar mit Geldern aus der öffentlichen Hand gefördert. Jüngstes Beispiel ist das African Book Festival, das im August in Berlin stattfindet und 95.000 Euro aus dem Hauptstadtkulturfonds erhält.

Jüngstes Beispiel ist das African Book Festival, das im August in Berlin stattfindet und 95.000 Euro aus dem Hauptstadtkulturfonds erhält.

Zu dessen Kurator wurde ausgerechnet Mohamedou Ould Slahi Houbeini ernannt – ein ehemaliger Al-Qaida-Anhänger und Guantanamo-Häftling, der dem Islamismus angeblich mittlerweile abgeschworen haben soll. Offenkundig immer noch en masse vorhanden ist sein Hass auf den jüdischen Staat. Ihn überzieht der in Mauretanien geborene Houbeini gern mit antisemitischen Unterstellungen wie: Israel begehe »ethnische Säuberungen« oder sei durch und durch ein »Apartheidstaat«.

hetze Man stelle sich einmal vor, ein ehemals rechtsradikaler Künstler aus dem amerikanischen Mittleren Westen, der nach wie vor gegen Israel hetzt, würde in Deutschland Kurator eines staatlich geförderten Festivals: Der Aufschrei wäre groß! Zu Recht. Doch es ist ein bemerkenswertes Phänomen: Sobald jemand aus dem sogenannten Globalen Süden stammt und der Linken angehört, wird auf Kritik verzichtet.

Darf es wirklich Rabatt auf antisemitische Einstellungen geben, sofern sie aus einem bestimmten politischen oder religiösen Milieu stammen? Wird sich im August in Berlin fortsetzen, was wir bei der documenta monatelang erleben mussten? Die Linke in Deutschland sollte dringend über diese Fragen nachdenken.

engel@juedische-allgemeine.de

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025

Meinung

Da kann man sich gleich Björn Höcke einladen

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese hätte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sprechen sollen. Dabei hat sie sich für den akademischen Diskurs disqualifiziert

von Ralf Balke  10.02.2025

Meinung

Antisemitismus an Kunsthochschulen: Eine Kultur des Wegschauens

Die Serie antisemitischer Vorfälle an Ausbildungsstätten für angehende Künstler reißt nicht ab. Warum sind die Hochschulen offenkundig außerstande, das Problem in den Griff zu kriegen?

von Klemens Elias Braun  10.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025

Meinung

München als Mahnung

Die Stadt brauchte 55 Jahre, um sich dazu durchzuringen, den Opfern des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße ein Denkmal zu setzen. Die Täter sind bis heute nicht gefunden

von Georg M. Hafner  06.02.2025

Migrationspolitik

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten. Ein Appell unserer Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  10.02.2025 Aktualisiert

Meinung

Die Union kämpft für den Erhalt der Demokratie

Warum die Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz falsch und geschichtsvergessen ist

von Michael Wolffsohn  05.02.2025