Politiker äußern sich zu vielen Themen. Manchmal ist es aber bezeichnender, zu welchen Themen sie schweigen. Beim israelbezogenen Antisemitismus gilt das umso mehr.
Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) im Interview mit dieser Zeitung markig betonte: »Ich lehne den BDS sehr klar ab.« Israelhass im Kulturbetrieb müsse engagiert entgegengetreten werden. Ähnliche Zitate sind von Berlins Noch-Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und seinen Koalitionspartnern von SPD und Grünen überliefert, die sich jüngst am 27. Januar im alljährlichen Überbietungswettbewerb an wohlfeilen »Nie wieder«-Versprechen nicht viel geschenkt haben.
nie-wieder-versprechen Doch wie sieht es aus, wenn in Berlins Kulturszene tatsächlich Antisemitismus an den Tag gelegt wird? Die Antwort ist ebenso vielsagend wie beschämend: Die Nie-wieder-Beschwörungen der genannten Politiker verhallen dann prompt. Und schlimmer noch: Wer sich antisemitisch äußert, wird sogar mit Geldern aus der öffentlichen Hand gefördert. Jüngstes Beispiel ist das African Book Festival, das im August in Berlin stattfindet und 95.000 Euro aus dem Hauptstadtkulturfonds erhält.
Jüngstes Beispiel ist das African Book Festival, das im August in Berlin stattfindet und 95.000 Euro aus dem Hauptstadtkulturfonds erhält.
Zu dessen Kurator wurde ausgerechnet Mohamedou Ould Slahi Houbeini ernannt – ein ehemaliger Al-Qaida-Anhänger und Guantanamo-Häftling, der dem Islamismus angeblich mittlerweile abgeschworen haben soll. Offenkundig immer noch en masse vorhanden ist sein Hass auf den jüdischen Staat. Ihn überzieht der in Mauretanien geborene Houbeini gern mit antisemitischen Unterstellungen wie: Israel begehe »ethnische Säuberungen« oder sei durch und durch ein »Apartheidstaat«.
hetze Man stelle sich einmal vor, ein ehemals rechtsradikaler Künstler aus dem amerikanischen Mittleren Westen, der nach wie vor gegen Israel hetzt, würde in Deutschland Kurator eines staatlich geförderten Festivals: Der Aufschrei wäre groß! Zu Recht. Doch es ist ein bemerkenswertes Phänomen: Sobald jemand aus dem sogenannten Globalen Süden stammt und der Linken angehört, wird auf Kritik verzichtet.
Darf es wirklich Rabatt auf antisemitische Einstellungen geben, sofern sie aus einem bestimmten politischen oder religiösen Milieu stammen? Wird sich im August in Berlin fortsetzen, was wir bei der documenta monatelang erleben mussten? Die Linke in Deutschland sollte dringend über diese Fragen nachdenken.
engel@juedische-allgemeine.de