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Rabbiner Pinchas Goldschmidt

Kopftuchverbot und Kollateralschaden

Erneut hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil zur Religionsfreiheit getroffen, das verstört

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  29.11.2023 16:48 Uhr

Rabbiner Pinchas Goldschmidt Foto: Gregor Matthias Zielke

Erneut hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil zur Religionsfreiheit getroffen, das verstört

von Rabbiner Pinchas Goldschmidt  29.11.2023 16:48 Uhr

Erneut hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil zur Religionsfreiheit getroffen, das verstört. Das Tragen religiöser Symbole (im vorliegenden Fall ein Kopftuch) am Arbeitsplatz darf verboten werden, hat das oberste EU-Gericht entschieden. Die weltanschauliche Neutralität des Staates steht somit über der Religionsfreiheit.

Derlei Verbote erzürnen in erster Linie hier lebende Muslime. Wer aber glaubt, diese würden deswegen Europa verlassen, täuscht sich. Sie sind da, und sie werden bleiben, ob nun mit oder ohne Kopftuch. Es führt auch erneut zu einem Kollateralschaden bei Europas Juden.

Grundrecht der Religionsfreiheit

Wenn mit höchstrichterlicher Bestätigung religiöse Symbole selbst aus den Hinterzimmern europäischer Amtsstuben verbannt werden, gilt das auch uns. Dabei ist dieser Angriff auf das Grundrecht der Religionsfreiheit gar nicht der schlimmste. Denn welche Freiheit genießen wir tatsächlich noch, wenn Europas jüdische Gemeinden Gottesdienste und andere Veranstaltungen nur unter schweren Sicherheitsvorkehrungen abhalten können? Das hat sich nach dem barbarischen Angriff der Hamas auf Israels Bevölkerung am 7. Oktober erneut schonungslos gezeigt.

Unser europäisches System, das von Demokratie, Freiheit sowie gegenseitiger Toleranz geprägt ist, garantiert auch die Religionsfreiheit. Diese geht nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten einher, nämlich gegenüber genau jenem europäischen Wertesystem und den hier lebenden Menschen.

Hier vermisse ich seit Wochen eine klare Positionierung großer Teile der in Europa lebenden muslimischen Gemeinschaft.

Hier vermisse ich seit Wochen eine klare Positionierung großer Teile der in Europa lebenden muslimischen Gemeinschaft. Sie reklamiert für sich – völlig zu Recht – ihre Freiheitsrechte. Aber was tut sie im Gegenzug für deren Schutz? Die ausbleibende Verurteilung der Massaker an der israelischen Bevölkerung durch gemäßigte islamische Führer in Europa trägt zu einer besorgniserregenden Entwicklung bei.

Von ihr profitieren vor allem die politischen Ränder, denn durch das Schweigen wird die Grenze zwischen radikalem und gemäßigtem Islam verwischt oder verschwindet ganz. Die schweigende Mehrheit zählt nicht, denn sie schweigt. Das ist noch schlimmer als das EuGH-Urteil.

Der Autor ist Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER).

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