Sigmount Königsberg

Kölner Justiz: Mit zweierlei Maß?

Manche deutsche Staatsanwaltschaften tun alles, damit ja nicht noch mehr Antisemitismus gemeldet wird

von Sigmount Königsberg  18.02.2021 08:36 Uhr

Sigmount Königsberg Foto: Gregor Zielke

Manche deutsche Staatsanwaltschaften tun alles, damit ja nicht noch mehr Antisemitismus gemeldet wird

von Sigmount Königsberg  18.02.2021 08:36 Uhr

Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Petra Pau wurden im vergangenen Jahr 2275 antisemitische Straftaten registriert. Die Dunkelziffer dürfte noch viel größer sein, denn Erhebungen haben nachgewiesen, dass 80 Prozent aller antisemitischen Übergriffe nicht gemeldet werden.

Manche deutsche Staatsanwaltschaften tun alles, aber auch wirklich alles, damit ja nicht noch mehr Antisemitismus gemeldet wird. Beispiel aus der allerjüngsten Zeit: Die Kölner Staatsanwälte leiten ein Ermittlungsverfahren gegen einen jüdischen Kölner ein, der antisemitische Hetze, die in Kölner Straßenbahnen auslag, öffentlich gemacht hat.

ERMITTLUNGEN Die gleiche Staatsanwaltschaft lehnte es hingegen in der Vergangenheit ab, gegen antisemitische Hetzer überhaupt zu ermitteln. Auch dass die Ermittlungen gegen einen veganen Koch erst dann in Gang kamen, nachdem die Berliner Staatsanwaltschaft die Federführung von der Cottbuser übernommen hatte, passt ins Bild.

»In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht.« Ist es nicht erschreckend, zu sehen, dass Tucholskys Worte unverändert Gültigkeit haben? Nicht minder unverständlich ist es, dass diejenigen, die Mythen und Verschwörungslegenden verbreiten, von Politik und Behörden mit Samthandschuhen angefasst werden und ihnen so Auftrieb gegeben wird.

Dass mit der Verbreitung von Mythen der Judenhass zunimmt, wundert überhaupt nicht – und führt zu steigenden antisemitischen Straftaten.

Es sei an die vielen Demonstrationen erinnert, als die Polizei Auflagen viel zu zögerlich und nicht mit der nötigen Entschlossenheit durchzusetzen versuchte. Es ist auch bei manchem Verantwortlichen demokratischer Parteien noch nicht angekommen, dass diese Legendenerzähler sich außerhalb des demokratischen Konsens gestellt haben.

Hier ist die wehrhafte Demokratie gefordert, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik zu schützen. Denn jede Verschwörungslegende ist in ihrem Kern antisemitisch, so wie Antisemitismus der älteste Verschwörungsmythos überhaupt ist. Dass mit der Verbreitung von Mythen der Judenhass zunimmt, wundert überhaupt nicht – und führt zu den eingangs erwähnten steigenden antisemitischen Straftaten.

Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Meinung

Düsseldorfs braunes Erbe

Beim Gedenken muss die Stadt konsequent sein

von Oded Horowitz  12.01.2025

Meinung

Tiefpunkt für die Pressefreiheit

An der besetzten Alice Salomon Hochschule versuchte die Rektorin zusammen mit israelfeindlichen Aktivisten, die journalistische Berichterstattung zu verhindern

von Jörg Reichel  10.01.2025

Meinung

Hitler ein Linker? Der »Vogelschiss«-Moment der Alice Weidel

Mir ihren Aussagen zu Adolf Hitler im Gespräch mit Elon Musk hat die AfD-Chefin erneut ihre Inkompetenz bewiesen

von Michael Thaidigsmann  10.01.2025

Meinung

Wo Extremisten keine Gegenwehr fürchten müssen

In Berlin wurde die Alice Salomon Hochschule von Hamas-Sympathisanten besetzt. Erneut setzen weder die Studierendenschaft noch das Präsidium der Terrorverherrlichung etwas entgegen

von Noam Petri  08.01.2025

Meinung

Der Neofaschist Herbert Kickl ist eine Gefahr für Österreich

In der FPÖ jagt ein antisemitischer »Einzelfall« den anderen, ihr Obmann will die liberale Demokratie abschaffen und könnte schon bald Kanzler sein

von Bini Guttmann  08.01.2025

Sebastian Leber

Treitschke ist nicht »umstritten«

Die CDU in Berlin-Steglitz weigert sich, den eindeutigen Antisemitismus des Historikers anzuerkennen – und macht sich damit im Streit um einen Straßennamen unglaubwürdig

von Sebastian Leber  07.01.2025

Volker Beck

Christoph Heusgen: Ein außenpolitischer Bruchpilot

Die Kritik des Spitzendiplomaten an Israel ist niederträchtig – und seine eigene politische Bilanz verheerend

von Volker Beck  02.01.2025

Mascha Malburg

Wer jüdisches Leben wirklich schützt

Manche jüdische Einrichtungen setzen neben dem Polizeischutz auf eigenes Sicherheitspersonal – und das ist auch gut so

von Mascha Malburg  02.01.2025

Sabine Brandes

Frieden einfordern

Unsere Israel-Korrespondentin Sabine Brandes ist davon überzeugt, dass ein Naher Osten ohne Blutvergießen kein Traum bleiben muss

von Sabine Brandes  01.01.2025