Jubel brandet in der Halle auf, Deutschlandfahnen werden geschwungen, die Masse ist begeistert. Der Applaus auf der Wahlkampfveranstaltung der AfD gilt aber nicht der eigenen Spitzenkandidatin Alice Weidel, sondern Elon Musk. Der Multimilliardär ließ sich aus den USA zuschalten, um den Anwesenden mitzuteilen, dass »in Deutschland zu viel Fokus auf vergangene Schuld gelegt werde und man sich davon lösen solle«.
Der Wunsch nach einer Abkehr von der Erinnerungskultur und dem »Schlussstrich« unter den Nationalsozialismus ist Anhängern der AfD alles andere als fremd. Doch diese Forderung aus dem Mund von Elon Musk zu hören, muss für sie eine lang herbeigesehnte Anerkennung gewesen sein. Seht her: Der reichste Mensch der Welt bestätigt unser ewig gestriges Weltbild.
Auf treue Musk-Apologeten, die den Milliardär bisher vor allem als genialen Unternehmer bewundert haben, hat dessen AfD-Auftritt hoffentlich eine ganz andere Wirkung: Sie sollten sich endlich von ihrem Idol loszusagen. Denn spätestens jetzt ist klar, dass Elon Musk nicht aufseiten der Freiheit und Demokratie steht, sondern sich mit Rechtsextremen gemein macht.
Hinweise auf Musks Gesinnung gab es auch davor eigentlich genug. Am Tag der Amtseinführung Donald Trumps sorgte er für Gesprächsstoff, als er zweimal hintereinander den Hitlergruß zeigte. Da hilft es auch nicht, dass die Anti-Defamation League (ADL) lediglich von einer »seltsamen Geste« spricht. Zurecht hat die ADL das Zeigen von Hitlergrüßen auf Pro-Palästina-Demonstrationen verurteilt und möchte nun die von Musk gezeigte Geste anders interpretieren als 99 Prozent der Weltöffentlichkeit? Das ist Doppelmoral.
Schon in den vergangenen Jahren machte Musk mit antisemitischen Ausfällen auf sich aufmerksam.
Abseits seiner Business-Ventures und seinem Vorhaben den Mars zu besiedeln, wird Musks Faszination für totalitäre Regime und Ideologien immer offensichtlicher. Seine Unterstützung Donald Trumps ist also nicht der Beginn, sondern lediglich der bisherige Höhepunkt seiner Reise in die Welt der verschwörungsfreudigen Ideologien.
Schon in den vergangenen Jahren machte Musk mit antisemitischen Ausfällen auf sich aufmerksam. Weder die Verschwörungstheorie, dass Juden heimlich die Geschicke der Welt lenken würden, noch dass sie »Hass gegen Weiße schüren«, wurde ausgelassen. Um sich von den Vorwürfen des Antisemitismus reinzuwaschen, besuchte er im Januar 2024 das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Denn man weiß ja: Wer eine KZ-Gedenkstätte besucht, legt beim Betreten rechtsextremes Gedankengut für immer ab.
Die Zeiten, in denen der FDP-Vorsitzende Christian Lindner davon sprach, dass man »mehr Musk und Milei wagen« solle, müssen mit Musks neuesten Eklat auf der AfD-Veranstaltung nun ihr Ende finden. Zwar zeigten sich Teile seiner deutschen Anhänger ob seiner jüngsten Aussagen irritiert, ihr Urteil fiel jedoch nicht allzu harsch aus. Doch man kann sich nicht als Kämpfer gegen Antisemitismus inszenieren und im selben Atemzug den Judenhass seines Idols unter den Teppich kehren wollen, nur weil er nicht aus dem linken politischen Lager stammt. Dann ist man nämlich nur eines: ein Heuchler.
Die Autorin ist Diplom-Juristin und arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in Düsseldorf. Sie schreibt regelmäßig für EDA, das Magazin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland.